Am 24. Mai war es vorbei. Nach langem Ringen und dem Versuch, das Unternehmen zu sanieren, hat das Handelsgericht Wien dem Wiener Traditionscafé Café Ritter in Ottakring ein Ende gesetzt. Die für diesen Tag anberaumte Tagsatzung wurde wieder abgesagt, der Sanierungsplan, den die Betreiber im Rahmen des Insolvenzverfahrens angestrebt hatten, wurde mangels Finanzierbarkeit zurückgezogen. Am 31. Mai wurde das dann auch bekanntgemacht: "Die Schließung des Unternehmens wird angeordnet." Der seit der Insolvenzanmeldung im Jänner laufende Sanierungsversuch sei gescheitert, teilte der Kreditschutzverband KSV1870 am Donnerstag mit. Das Unternehmen gehe nun in Konkurs, es bleibe abzuwarten, ob für das Traditionscafé ein neuer Betreiber gefunden werden könne, erklärten die Gläubigerschützer dazu.

Das Jugendstilcafé in der Wiener Ottakringer Straße gibt bzw. gab es seit 1907, sein bekanntester Stammgast war wohl der 1992 verstorbene Starfußballer Ernst Happel. 2016 hat es eine Ex-Bankerin, Immobilienexpertin und Gastronomin übernommen, sie renovierte das Lokal aufwendig und mit viel Geld und hauchte ihm neues Leben ein, auch durch diverse Events. Dann kam die Pandemie, und im Februar 2021 musste die Betreibergesellschaft zum ersten Mal Insolvenz anmelden. Damals hatten die Gläubiger einen Sanierungsplan mit 20-Prozent-Quote angenommen. Ausgegangen ist es sich letztlich aber nicht. 

Stolz auf Wien und trotzdem tot

Zur Sanierung des Kaffeehauses ausgeritten war ursprünglich auch das Beteiligungsvehikel "Stolz auf Wien", bei dem die Stadt gemeinsam mit der Wirtschaftskammer und weiteren Investoren pandemiegebeutelte Wiener Unternehmen unterstützt. Im Herbst 2020 gab "Stolz auf Wien" auch dem Café Ritter einen günstigen Notkredit. Letztlich konnte auch dieses Engagement das Unternehmen nicht retten.

Das Ottakringer Ritter war nicht die einzige spektakuläre Wiener Kaffeehauspleite in jüngerer Zeit: Auch das Grand Café in Wien-Alsergrund, früher Volksopern-Café, das Café Halle im Museumsquartier und das Café Francais bei der Votivkirche schlitterten in die Insolvenz. Die Pandemiefolgen, der Gästeschwund, die Inflation sowie vor allem auch hohe Mieten an prominenten Standorten haben zu den wirtschaftlichen Turbulenzen geführt. Ist damit das große Branchensterben ausgebrochen?

Zahl der Kaffeehäuser stabil

Die Wirtschaftskammer winkt ab. "Wir haben pro Jahr im Schnitt einen Abgang von zehn Prozent, aber auch wieder einen Zugang von zehn Prozent", sagte Wolfgang Binder, Fachgruppenobmann der Wiener Kaffeehäuser in der Wiener Wirtschaftskammer, gegenüber ORF.at. Die Schließungen und Neueröffnungen würden sich also über die Jahre ausgleichen, als Folge der Pandemie habe es etwas mehr Schließungen gegeben. Im Vorjahr wurden bei 1.666 Kaffeehäusern beispielsweise 206 Abgänge und 167 Zugänge verzeichnet.

Die Zahl der Kaffeehäuser sank in Wien also nur leicht: um 39 Lokale. (gra, szi, 2.6.2023)

Kaffeehaus, Pleite
Bild aus besseren Tagen
Das Ritter in Wien-Ottakring.
Heribert Corn