Sieht unscheinbar aus, ist aber smart: eine LED-Birne aus dem Baumarkt.
Sieht unscheinbar aus, ist aber smart: eine LED-Birne aus dem Baumarkt.
Der Standard/Stefan Mey

Smarte Lampen per Smartphone ein- und ausschalten, via Sprachbefehl kontrollieren, die Lichtfarbe an bestimmte Situationen anpassen oder dafür sorgen, dass sich die Beleuchtung bei Sonnenuntergang automatisch einschaltet: Die Anwendungsszenarien für digital angebundene Beleuchtung sind vielfältig. Das gängige Klischee ist dabei auch, dass derartige Lösungen recht teuer sind, da sie spezielle Schalter oder andere Hardware – allen voran eine Bridge, die die Lampen mit dem WLAN verbindet – benötigen. Eine günstigere Alternative bieten smarte Glühbirnen, die pro Stück meist niedrige zweistellige Eurobeträge kosten, ähnliche Funktionen wie ihre teureren Pendants bieten und kinderleicht zu installieren sind. Allerdings bringen sie auch Nachteile mit sich, wie ein mehrmonatiger Praxistest des STANDARD ergibt.

Smarte Glühbirnen: Breite Auswahl

Getestet wurden smarte Glühbirnen, wie sie in österreichischen Bau- und Elektrofachmärkten angeboten werden. Dort können sie einzeln oder in Kombi-Packungen erworben werden, je nach Marke, Typus und Funktion rangiert der Preis zwischen einstelligen und mittleren zweistelligen Eurobeträgen. Die folgenden Produkte wurden getestet:

Alle Anbieter bieten eine breite Auswahl an verschiedenen LED-Beleuchtungen, manche von ihnen auch passend dazu smarte Steckdosen. Zu beachten sind dabei vielerlei Aspekte, wie etwa dass die Birnen vorerst nur im eigenen System agieren: Selbst wenn die Wiz-Birnen also von Signify stammen, sind sie trotzdem nicht mit Philips Hue kompatibel. Zur Einrichtung der Birnen erfordert jeweils eine eigene App, später können sie mit Amazons Alexa oder mit Google Home verbunden und von dort zentral gesteuert werden. 

Ein Low-Code-Anbieter für (fast) alle

Interessant wird es, wenn man nach Installation der Lampen einen Blick in die Liste der mit dem eigenen WLAN verbundenen Geräte wirft. Hier scheinen bei den meisten Anbietern nämlich gar nicht die eigenen Markennamen auf, sondern ein bis zu diesem Zeitpunkt dem Tester unbekannter Name: Tuya. Eine rasche Google-Suche ergibt, dass Tuya ein multinationaler, an der New Yorker Börse notierter Konzern ist, welcher Low-Code- und No-Code-Lösungen für Unternehmen anbietet, die im IoT-Segment tätig sein wollen.

Das bedeutet, dass die meisten der vom STANDARD getesteten Anbieter den Code ihrer Birnen und Apps gar nicht selbst geschrieben, sondern von besagtem Anbieter übernommen haben. Und es erklärt, warum sich die Apps bei drei von vier Anbietern zum Verwechseln ähnlich sehen. Die Ausnahme bildet hier Wiz, welches unter ebendiesem Markennamen im eigenen WLAN aufscheint und dessen App sich gänzlich anderes bedienen lässt als jene der Konkurrenz.

Womit nun auch ein guter Zeitpunkt wäre, um über Datenschutz zu sprechen. So wirbt Hombli aus den Niederlanden damit, konform zur EU-Datenschutzgrundverordnung zu sein, bei den anderen Anbietern ist dieser Hinweis nicht so prominent vorhanden. Die Lampen lassen sich auch von außerhalb der eigenen vier Wände bedienen, die Daten laufen also über externe Server, außerdem bitten die Apps teils um Zugriff auf Standort und Mikrofon – was sehr auf Datenschutz bedachte Personen skeptisch machen sollte und deshalb an dieser Stelle explizit erwähnt wird. 

Smarte LED-Birnen einrichten

Die smarten LED-Birnen sind mit WLAN-Modulen ausgestattet, über welche sie sich über das Heimnetz verbinden. Sind sie einmal in die Fassung eingeschraubt und der Lichtschalter eingeschaltet, wird die dazupassende App des Anbieters gestartet und das Gerät gesucht. Wurde dieses erkannt, so kann es in das WLAN eingebunden sowie mit einem Namen versehen und einem Raum zugeordnet werden.

Außerdem ist es möglich, die Geräte auf Wunsch mit Amazon Alexa (nicht getestet) und mit Google Home zu verbinden. Im Test erkannte die Google-Home-App alle genannten Anbieter problemlos, die Geräte wurden somit in das System eingebunden, konnten mit neuen Namen ausgestattet und Räumen zugeordnet werden.

Viele Funktionen

Über Google Home ist es somit auch möglich, das gesamte Beleuchtungssystem zentral zu steuern. "Schalte alle Lampen aus" etablierte sich rasch als der gängige Sprachbefehl vor dem Schlafengehen. Frühaufsteher, die den Rest der Familie nicht aufwecken wollen, können Lampen aber auch mit "Schalte morgen um fünf Uhr die Lampe XY ein" die Beleuchtung für den nächsten Morgen vorbereiten. Oder aber es lassen sich Abläufe und Regeln definieren, dass etwa spätestens um Mitternacht alle Lampen ausgeschaltet werden sollen. Außerdem lassen sich via Google Home die Lichthelligkeit und die Lichtfarbe anpassen, wenn man das denn will.

Deutlich mehr Gestaltungsspielraum gibt es in den Apps der Anbieter, wobei aus den obengenannten Gründen die Tuya-Fraktion von den Wiz-Birnen unterschieden werden muss. So können bei Hombli, Ledvance und Hama recht ausführliche Wenn-dann-Beziehungen definiert werden: etwa dass sich eine Glühbirne zehn Minuten nach Sonnenuntergang einschalten und nach vier Stunden wieder ausschalten soll. Bei Wiz gibt es diesen Modus auch, allerdings ist er an Uhrzeiten gebunden, muss mit dem Wechsel der Jahreszeiten also immer adaptiert werden. 

Disco-Modus und Kerzenlicht

Die Tuya-Birnen können aber auch auf das Wetter reagieren und zum Beispiel ihre Lichtfarbe auf Blau ändern, wenn es regnet. Oder ein gutes Wetter zum Drachensteigen farblich verkünden, wenn die entsprechenden Bedingungen für Regenwahrscheinlichkeit, Temperatur und Windgeschwindigkeit erfüllt sind. Zudem ist es hier möglich, die Lampe auf den Standort reagieren zu lassen, sodass sie sich einschaltet, wenn man sich dem eigenen Zuhause nähert – wobei die App dafür Zugriff auf den Standort des Smartphones erfordert und somit erneut auf das Thema Datenschutz verwiesen sei.

Smarte Glühbirne E14
Lichtfarbe auf Blau ändern, wenn es regnet? Ist möglich, wenn man das mag.
Der Standard/Stefan Mey

Erwähnenswert ist bei den Tuya-Apps schließlich auch noch der "Musik"-Modus, bei dem sich die Lichtfarbe der LED-Birne passend zu Geräuschen ändert, die vom Mikrofon des Smartphones aufgenommen werden. Auch hier sei freilich das Thema Datenschutz erwähnt, und die Sinnhaftigkeit eines solchen Features darf in der Regel angezweifelt werden. Es sei denn, man will Kleinkinder vor dem Schlafengehen noch einmal ordentlich auspowern und somit eine spontane Kinderdisco veranstalten, bei der die Hits von Simone Sommerland farblich passend unterlegt werden.

Bei Wiz wiederum gibt es "dynamische" Lichtmodi, bei denen sich die Lichtfarbe ändert, um zum Beispiel Kerzenlicht zu simulieren. Einen Weihnachts- und einen Halloween-Modus gibt es ebenfalls. Und die "fortschrittlichen" Modi dienen dazu, Lichter zu Tagesrandzeiten über einen Zeitraum von 30 Minuten schrittweise ein- und auszuschalten. 

Schalter aus = Strom aus

Abgesehen von zweifelhaften App-Berechtigungen bringen die Lösungen aber auf jeden Fall noch einen weiteren Nachteil mit sich: Während teurere Smart-Lighting-Produkte mit passendem Lichtschalter geliefert werden, sind die Billigbirnen von der bestehenden Infrastruktur abhängig. Und das bedeutet, dass sie den Zugang zum Strom verlieren und offline gehen, wenn der Lichtschalter ausgeschaltet wird. Im Optimalfall sollte dieser also gar nicht mehr bedient und alles via Sprache und App gesteuert werden, vor allem Gäste und Handwerker handeln hier aber naturgemäß instinktiv und machen den smarten Plänen somit einen Strich durch die Rechnung.

Ein anderes wichtiges Thema ist die Notwendigkeit einer verlässlichen WLAN-Abdeckung. So verloren Lampen des Typs E14 – von Hama ebenso wie von Wiz, unabhängig vom Hersteller – an Stellen mit schwachem WLAN öfters die Verbindung, gingen offline und mussten anschließend wieder mühsam in das Netz integriert werden. Das geht zwar auch recht flott, ist aber lästig und somit das Gegenteil von smart.

Fazit: Günstig, aber nicht immer gut

Ohne Frage sind smarte LED-Birnen wie die hier getesteten ein kostengünstiger erster Schritt auf dem Weg zu einem smarten Zuhause, wiewohl es auch immer wieder zu Ärgernissen kommen kann, wenn einzelne Lampen ungewollt offline gehen. Gestaltungsspielraum gibt es viel, um die Systeme an die eigenen Bedürfnisse anzupassen und auch im Kontext des Datenschutzes zu entscheiden, welche Daten man mit den Anbietern teilen will. Auch ist es ratsam, den Privacy-Faktor bei der Wahl des Anbieters in Betracht zu ziehen. Allein aus Gründen der Übersichtlichkeit sollte man sich nämlich für einen einzigen Anbieter entscheiden und nicht gleich für vier unterschiedliche.

Aus Gründen der Datensicherheit ist dabei wohl tendenziell eher zu einem europäischen Anbieter zu raten. Wer wiederum weniger Wert auf Datenschutz und mehr auf Funktionen legt, kann freilich auch auf die Tuya-Partner mit ihren vielfältigen Wenn-dann-Beziehungen zugreifen. Hombli bietet zumindest laut Eigenangabe beides: ein Produkt aus Europa, DSGVO-konform, mit etlichen Funktionen und diversen anderen smarten Produkten im Angebot, die sich ebenfalls in das System einbinden lassen. In puncto Anschaffungspreis sei auf die Websites der Hersteller verwiesen: Hier sind die Kosten je nach Produkttyp so unterschiedlich, dass ein Vergleich den Rahmen eines Artikels sprengen würde. (Stefan Mey, 4.6.2023)