Hat Springer-Chef Mathias Döpfner Elon Musk motiviert, Twitter zu kaufen? TV-Satiriker Jan Böhmermann präsentierte Freitagabend im "ZDF Magazin Royale" Chatnachrichten Döpfners wie "Why don't you buy Twitter?" vom März 2022 und dem Nachsatz: "Wir könnten das für dich managen und daraus eine wahre Plattform für Meinungsfreiheit machen." 

Jan Böhmermann Elon Musk ZDF-Magazin Royale
Jan Böhmermann über Chats von Tesla-Boss Elon Musk und Springer-Verleger Mathias Döfpner über Twitter.
ZDF Magazin Royale Screenshot

Nutzungsbedingungen "radikal" reduzieren

In einer sehr langen Nachricht vom 6. April 2022 – da hat Musk gerade Twitter-Aktien für 2,9 Milliarden Dollar gekauft und wurde damit größter Aktionär – soll Döpfner laut Böhmermann Musk geraten haben, die Nutzungsregeln "radikal" zu reduzieren, um die Plattform "zensur-resistent" zu machen. Userinnen und User müssten sich nur verpflichten, Twitter – da wurde vermutlich "nicht" vergessen – für Spam oder Scam (Betrug) zu nützen, zu Gewalt aufzurufen oder illegale Pornografie zu posten.

Rechte Bubble wachse

Das "ZDF Magazin Royale" hat die Datenanalytiker Luca Hammer und Martina Schories mit einer Studie über Twitter beauftragt, für die 90 Prozent aller deutschsprachigen Tweets von Ende 2020 bis Anfang 2023 ausgewertet wurden – insgesamt 1,3 Milliarden Tweets. Kleinere Bubbles wären kleiner geworden, damit Meinungsvielfalt vermutlich geringer, schließt man aus der Untersuchung. Und: Rechte Tweets hätten deutlich zugenommen: "Im April 2023 hat die Bubble, die aus vorwiegend rechten Accounts besteht, 64 Prozent mehr Tweets veröffentlicht als im April 2021." TV-Satiriker Böhmermann spricht in der Sendung in gewohnt expliziter Zuspitzung von Musk als "Nazi-Magnet".

1.000 Beschwerden

Böhmermann berichtet in der Sendung auch von einem mit Beschwerden über Twitter und andere Plattformen überforderten deutschen Bundesamt für Justiz. Nur zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien damit befasst. Auf Anfrage des "ZDF Magazin Royale" beziffert das Bundesamt die Zahl der Beschwerden von September 2022 bis April 2023 mit "über 2.000 Meldungen". "Mindestens 1.000" davon hätten sich gegen Twitter gerichtet, erklärt Böhmermann, seine Redaktion wisse von "ein paar Userinnen", die das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz "ernst genommen hätten". 

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DER STANDARD

Wegen 200 Beschwerden habe das Bundesamt ein Bußgeldverfahren gegen Twitter eingeleitet, zitiert Böhmermann und moniert: Damit seien zumindest 800 weitere noch konsequenzenlos. Userinnen und User hätten bisher keine Antwort bekommen – trotz Ersuchen, den Eingang von Beschwerden etwa über eine Vielzahl von Tweets mit dem verbotenen SS-Spruch "Unsere Ehre heißt Treue" mit Aktenzahl zu bestätigen, berichtet er. Die gemeldeten Tweets seien weiter online. Böhmermann schließt mit einer Eigenkomposition an der Heimorgel und der Botschaft an den deutschen Justizminister: "Marco Buschmann, do your fucking job!" (fid, 3.6.2023)