Neue Richtlinien für das Teilen der Zugangsdaten von Netflix-Konten sehen zusätzliche Gebühren vor.
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Nach langem Dulden hat Netflix durchgegriffen: In mehr als 100 Ländern, darunter auch in Deutschland und Österreich, ist man gegen kostenloses Account-Sharing vorgegangen und hat neue Regeln aufgesetzt. Teilen Kunden ihr Konto mit Personen, die nicht zum Haushalt zählen, ist eine Zusatzgebühr fällig. Durch dieses Erfassen der "Trittbrettfahrer" erhofft sich der Streamingdienst Mehreinnahmen, nachdem die Zahl neuer Abonnenten zuletzt unter den Erwartungen geblieben war. Ein Schuss, der auch nach hinten losgehen könnte, wie eine aktuelle Umfrage nun zeigt.

Eine Befragung von Cordcutting.com unter Netflix-Nutzern in den USA legt nahe, dass sich die Regeländerungen für Netflix durchaus negativ auswirken könnten. Zwar gab die Mehrheit der knapp 1.500 Befragten an, dass sie ihr Abonnement behalten würde. Dennoch beabsichtigen 23 Prozent der Nutzer ihr Konto im Zuge der neuen Richtlinien zu kündigen. Hochgerechnet auf die Zahl der Netflix-Abonnenten in den USA würde das bedeuten, dass 15,2 Millionen Abos beendet werden könnten.

Demgegenüber würden sich nur acht Prozent jener Nutzer, die bislang als "Trittbrettfahrer" gegolten haben, dazu bereit erklären, ein eigenes Konto zu erstellen. Der Rest plane laut Befragung weiterhin das Teilen von Passwörtern oder werde Netflix gar nicht mehr nutzen. Umgemünzt auf die Nutzerzahlen in den USA würde das jedenfalls nur einen Zuwachs von 1,7 Millionen neuen Nutzern bedeuten.

Strategiewechsel

Solange die Abozahlen von Netflix rasant gestiegen waren, nahm man die "Trittbrettfahrer" stillschweigend in Kauf. Seit 2022 muss das US-Unternehmen allerdings mit schlechteren Zahlen umgehen und kann nicht mehr ignorieren, dass der Streaming-Service weltweit in etwa 100 Millionen Haushalten mit den Anmeldedaten anderer Personen genutzt wird. Dies ist ein signifikanter Anteil im Vergleich zu den 232,5 Millionen zahlenden Kunden im letzten Quartal. Oftmals verwenden zum Beispiel Kinder die Account-Informationen ihrer Eltern, wenn sie ausziehen, oder Freunde teilen sich einen Zugang, um Geld zu sparen. Netflix investiert jedes Jahr Milliarden in Videoinhalte, die teilweise exklusiv auf der Plattform verfügbar sind. 

Jetzt können Nutzer zwei neue Funktionen nutzen, um ihren Streamingdienst mit Personen außerhalb ihres Haushalts zu teilen. Unter der Option "Zusatzmitglied hinzufügen" können Nutzer für 4,99 Euro pro Monat eine Person außerhalb ihres Haushalts zu ihrem Netflix-Konto hinzufügen. Alternativ können sie ihr Profil an eine Person außerhalb des Haushalts übertragen, die jedoch ein eigenes Abonnement abschließen muss. Optionen, die neuen Richtlinien technisch zu umgehen, sind limitiert und wenig praktikabel.

Warnung vor Netflix-Phishing

Die neuen Richtlinien von Netflix sorgen unterdessen offenbar auch dafür, dass Kriminelle versuchen, die gegenwärtige Situation mit Phishing-E-Mails auszunutzen. Verbraucherschützer warnen derzeit davor, dass einige Netflix-Nutzer möglicherweise unbedacht auf einen Link in einer Phishing-E-Mail klicken könnten, in der behauptet wird, dass ihre Zahlungsinformationen aktualisiert werden müssen.

Neben Phishing-E-Mails werden manchmal auch SMS verschickt, die angeblich eine fehlgeschlagene Abbuchung melden und zur Eingabe der Zahlungsdaten auffordern. Netflix betont, dass das Unternehmen niemals per SMS oder E-Mail nach persönlichen Daten fragt, wie beispielsweise Kreditkartennummern, Bankverbindungen oder Passwörter. Auf einer speziellen Website gibt Netflix Beispiele für Phishing-Nachrichten. (bbr, 3.6.2023)