Die Paragraphica ähnelt nur auf den ersten Blick einem herkömmlichen Fotoapparat.
Bjørn Karmann

Sieht komisch aus, fotografiert auch so. Auf den ersten Blick erinnert die Erfindung des dänischen Designers Bjørn Karmann zwar schon an eine Kamera. Bei genauerer Betrachtung fällt aber auf, dass das Konzept mit herkömmlichen Fotoapparaten dann doch nur sehr wenig gemeinsam hat. Die "Paragraphica", so der Name, erstellt Bilder nämlich ausschließlich mithilfe von Geodaten und der künstlichen Intelligenz eines Bildgenerators.

Daten für Prompt statt Objektiv

Würde man die Paragraphica in Einzelteile zerlegen, würde man eher auf einen Computer schließen als auf eine Kamera. Grundlage für das Gerät ist zunächst ein Rasperry Pi, der über GPS und mobiler Internetanbindung Daten zur aktuellen Umgebung sammelt. Dafür werden Adresse, Wetter, Tageszeit und nahe gelegene Orte herangezogen. Mit diesen Informationen wird ein Befehl für den KI-Bildgenerator Stable Diffusion erstellt, dessen Resultat dann wie bei einer Digitalkamera auf dem integrierten Bildschirm zu sehen ist.

Neben einem Auslöser, um das Erstellen des Bildes nach beschriebener Routine zu starten, verfügt Paragraphica noch über drei weitere physische Einstellräder, um das Feeling einer echten Kamera zu imitieren. Damit können Suchradius der Umgebung sowie der Grad des Diffusionsprozesses und des Fokus verändert werden.

Auch die Bedienung soll einer herkömmlichen Kamera ähneln, hat aber nicht viel damit zu tun.
Bjørn Karmann

Das Gehäuse der Paragraphica ist eine Kreation Karmanns aus dem 3D-Drucker. Markantestes Merkmal ist sicherlich die rote Konstruktion an der Vorderseite des Geräts. Sie soll eine Metapher zum Tastorgan des Sternnasenmaulwurfs darstellen: Das unter der Erde lebende Tier benötigt kein Licht, um seine Umgebung über fingerartige Fühler wahrzunehmen – so ähnlich wie die Paragraphica eben auch.

Eine "nuancierte Reflexion"

Das Resultat beschreibt Karmann auf seiner Website als unheimliches Einfangen von Stimmungen und Emotionen, die zwar an den Ort erinnern, an dem man sich beim Auslösen der Paragraphica befindet. Es sei aber nicht als Foto oder Schnappschuss zu verstehen, sondern als "nuancierte Reflexion" des Ortes, an dem sich die bedienende Person befindet. Der Begriff Fotografin oder Fotograf wäre unter diesen Aspekten dann doch ziemlich unpassend.

Ob die Paragraphica nur ein Prototyp bleibt oder irgendwann einmal in den Handel kommen könnte, geht aus den Informationen auf der Website nicht hervor. Wer die Funktionsweise der Kamera ausprobieren möchte, kann dies aber auch über eine virtuelle Version tun. (red, 3.6.2023)