15 Tote und hunderte Festnahmen nach Ausschreitungen im Senegal
Die Unruhen waren am Donnerstag ausgebrochen, am Wochenende gab es Berichte über erneute Ausschreitungen aus Vororten der Hauptstadt Dakar.
REUTERS/Zohra Bensemra

Dakar – Bei den gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Polizei und Oppositionsanhängern im Senegal hat die Regierung eigenen Angaben zufolge hunderte Menschen festgenommen. Zudem gab das Innenministerium am Samstag den Tod von sechs weiteren Menschen bekannt. Die Gesamtzahl der Toten seit Ausbruch der Unruhen am Donnerstag stieg damit auf 15. Die Proteste hätten allerdings mittlerweile an Intensität eingebüßt. Berichte über erneute Ausschreitungen gab es am Wochenende vor allem aus Vororten der Hauptstadt Dakar.

Ausgelöst worden waren die Proteste und Ausschreitungen durch das Hafturteil gegen den Oppositionsführer Ousmane Sonko. Sonko wird beschuldigt, im Jahr 2021 eine 20-jährige Mitarbeiterin eines Massagesalons vergewaltigt und ihr Todesdrohungen ausgesprochen zu haben. Das Gericht sprach Sonko vom Vorwurf der Vergewaltigung frei, befand ihn aber der Straftat des unmoralischen Verhaltens gegenüber Personen unter 21 Jahren für schuldig. Sonko bestreitet das Fehlverhalten und sagt, die Anschuldigungen seien politisch motiviert. 

Nach dem Urteil gegen Sonko lieferten sich Anhänger des Politikers gewalttätige Konfrontationen mit der Polizei. Auch kam es zu Plünderungen von Banken, Geschäften und Tankstellen. Noch am Samstagabend waren Onlinedienste wie Whatsapp, Facebook und Twitter gesperrt - eine Maßnahme der Regierung, um die Verbreitung "hasserfüllter und staatsgefährdender" Nachrichten zu unterbinden. 

"Rund 500" Menschen festgenommen

In weiteren Vierteln, in denen es in den vergangenen Tagen zu Zusammenstößen gekommen war, blieb es dem Innenministerium zufolge ruhig. "Rund 500" Menschen seien festgenommen worden, darunter auch Mitglieder politischer Gruppierungen, teilte Senegals Innenminister Antoine Diome mit. Die meisten gehörten ihm zufolge allerdings keiner Partei an.

Innenminister Diome sagte, sein Land sei Ziel von Attacken "geheimer Kräfte". "Es gibt einen ausländischen Einfluss, das Land wird angegriffen", sagte er. Wichtige Einrichtungen zur Versorgung des Landes seien ins Visier genommen worden, um "Chaos" zu stiften, sagte er und nannte als Beispiel ein Wasserwerk.

Der Innenminister warf den Protestierenden vor, das Land zu destabilisieren. "Das sind unverantwortliche Menschen. Sie fordern zu Demonstrationen auf. Sie fordern, dass öffentliche Gebäude brennen. Sie fordern den Kollaps des Staates", sagte der Minister. Die US-Regierung in Washington erklärte sich angesichts der gewaltsamen Ausschreitungen "beunruhigt und betrübt" und rief zu einer Rückkehr zur Ruhe auf.

Urteil stellt Kandidatur in Frage

Oppositionsführer Sonko war in Abwesenheit verurteilt worden und soll sich noch zu Hause in Dakar aufhalten. Dort wird er seit dem vergangenen Wochenende von einem große Polizeiaufgebot bewacht. Er selbst spricht davon, dass er "gefangen gehalten" werde. Das Urteil stellt Sonkos Kandidatur für das Präsidentenamt bei der Wahl im kommenden Jahr in Frage.

Der Senegal galt bisher als Vorbild für Stabilität in Westafrika. Es gab drei friedliche Machtwechsel in den Jahren 2000, 2012 und 2019. Ein Putsch blieb dem Land erspart. Außerdem blieb das mehrheitlich muslimische Land von islamistischen Anschlägen weitgehend verschont. (APA, 4.6.2023)