Der ORF-Beitrag für alle Haushalte und Firmen kommt wie geplant – nach tausenden kritischen Stellungnahmen von Privatpersonen sowie Einwänden von Verbänden und Institutionen. Diese Woche beraten die Medienverhandler von ÖVP und Grünen noch einmal das geplante ORF-Gesetz, einige Einwände aus der Begutachtung könnten noch berücksichtigt werden. An den Grundzügen des Gesetzes und des Beitrags dürfte sich bis zum Beschluss Anfang Juli nichts Wesentliches mehr ändern. 

Blickt dem neuen ORF-Gesetz mit Beitrag für alle entgegen: Roland Weißmann, ORF-Generaldirektor.
APA / Eva Manhart

Neues ORF-Gesetz, neuer ORF-Beitrag

Das ORF-Gesetz bringt statt der GIS einen "ORF-Beitrag" unabhängig von Empfang und Empfangsgeräten. Der Verfassungsgerichtshof hat die GIS-Ausnahmen für Streaming mit Ende 2023 aufgehoben. 

525.000 Haushalte mehr als bisher die GIS sollen den Beitrag künftig zahlen, erwarten Kanzleramt, Finanzministerium und ORF laut Erläuterungen zum Gesetz. Zudem 100.000 Unternehmen mehr als bisher. Für rund 200.000 Haushalte, die bisher die günstigere Radio-GIS von – je nach Bundesland – 6,31 Euro pro Monat in Oberösterreich und Vorarlberg bis 7,91 Euro zahlen, wird der ORF-Beitrag deutlich teurer. 

Pro Haushalt und Monat werden 15,30 Euro statt bisher 18,59 Euro für den ORF fällig. Die bisher auf die GIS eingehobenen Bundesabgaben (3,86 Euro im Monat) entfallen. Niederösterreich verzichtet wie schon bisher Oberösterreich und Vorarlberg auf Landesabgaben, Salzburg überlegt diesen Schritt noch. Die übrigen fünf Bundesländer heben aus heutiger Sicht weiter Landesabgaben darauf ein.

Tausende private Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren protestierten gegen die künftige Zahlungspflicht. 

Bundeszuschuss für ORF

Der ORF bekommt 2024 bis 2026 exakt 710 Millionen Euro aus dem ORF-Beitrag, laut Entwurf – mit Ausnahmen – für drei Jahre limitiert wie die Beitragshöhe. Weil der ORF mit dem Entfall der Mehrwertsteuer auch den Vorsteuerabzug verliert, überweist ihm die Republik künftig zumindest 70 Millionen Euro Abgeltung dafür pro Jahr. 2024 bekommt der ORF bis 100 Millionen Euro, damit er vorläufig das Radiosymphonieorchester RSO und ORF Sport Plus als TV-Kanal fortführt. Eine Bedingung dafür sind Sparmaßnahmen, etwa beim Personal.

Mit dem ORF-Gesetz verbindet die Regierung Sparvorgaben von rund 320 Millionen kumuliert bis 2026. Das Gesetz sieht die Streichung von Zulagen in älteren Verträgen von ORF-Mitarbeitern und -Mitarbeiterinnen vor. Der ORF muss jährlich in Gehaltsklassen berichten, wie viel Einkommen wie viele seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten, sowie über Nebeneinkünfte nach Höhe. Bei Jahresbruttoeinkommen über 170.000 Euro müssen ORF-Bezüge und Nebeneinkünfte mit Namen veröffentlicht werden. 

Produzieren für Streaming

Der ORF darf mit dem neuen Gesetz eigene Formate, etwa Nachrichten, für Streaming produzieren. Im Gegenzug sieht der Entwurf Beschränkungen für Textbeiträge auf ORF.at, für Audio- und Videobeiträge online sowie für Werbung in Radio und Online vor. 

Diese Beschränkungen für Österreichs weitaus größten Medienkonzern und den Marktführer bei österreichischen Newsseiten sind privaten Medienunternehmen zu wenig rigide gefasst. Berechnungen der Privatsender zufolge bedeuten die Werbebeschränkungen kaum Reduktionen der Werbeumsätze des ORF. Private Medienverbände fordern weitere Beschränkungen, etwa auch der TV-Werbung, ein Online-Werbeverbot für den ORF, ein Verbot von reinen Textmeldungen auf ORF.at und ein enges Zeichenlimit für Texte zu Audio- und Videobeiträgen. Der Zeitungsverband VÖZ droht mit einer Beschwerde bei der EU-Kommission gegen das neue ORF-Gesetz.

Kleinere Änderungen

Mehrere Menschen mit Einblick in die abschließenden Regierungsverhandlungen erwarten keine fundamentalen Änderungen am Entwurf. Einige Einwände aus der Begutachtung könnten aber noch berücksichtigt werden – etwa Bedenken der Datenschutzbehörde, die konkrete gesetzliche Detailregelungen um den ORF-Beitrag vermisste. Die Werbebeschränkungen für den ORF könnten noch in einzelnen Aspekten verschärft werden.

Der Fahrplan bis zum Beschluss

Das ORF-Gesetz soll nach STANDARD-Infos über den aktuellen Planungsstand am 14. Juni den Ministerrat passieren und in den für Medienfragen zuständigen Verfassungsausschuss des Nationalrats gehen. Der Nationalrat soll das Gesetz in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause – 5. bis 7. Juli – beschließen. In der Woche danach tagt noch einmal der Bundesrat. (fid, 5.6.2023)