Die Überraschung kam zum Schluss. Am Ende des SPÖ-Sonderparteitags, in seiner Dankesrede nach seiner Wahl, hob Hans Peter Doskozil zu einem Versprechen an. Er strebe an, die SPÖ wieder zur stärksten Partei im Land zu machen. Auf keinen Fall werde er dann mit der FPÖ koalieren. Was danach kam, lässt Raum für Interpretation. Sein Ziel, sagte Doskozil, sei, die Sozialdemokraten so stark zu machen, dass sie auch auf eine Koalition mit der ÖVP verzichten könnten.

Beim Parteitag zeigten sich einige Delegierte überrascht, der Wiener und die Vorarlberger SP-Vorsitzende spontan ablehnend. Was bleibe denn da übrig außer einer Dreierkoalition mit Grünen und Neos? Zudem müsse sich das rechnerisch erst einmal ausgehen.

Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil nach seiner Wahl zum Vorsitzenden der SPÖ in Linz
In der Dankesrede nach seiner Wahl kündigte Doskozil an, nicht mit der ÖVP koalieren zu wollen.
APA/HELMUT FOHRINGER

Außerhalb des Linzer Designcenters kam Doskozils Aussage als klare Botschaft an: Der neue SPÖ-Chef schließt eine Koalition mit der ÖVP aus. Das ließ aufhorchen, die politischen Mitbewerber werden sich darauf einstellen. Nach dieser Ansage gibt es eigentlich nur drei Möglichkeiten:

· Der Wahl 2024 geht ein Lagerwahlkampf voraus, wie einst bei der Bundespräsidentschaftswahl Alexander Van der Bellen gegen Norbert Hofer. In diesem Fall SPÖ, Grüne und Neos gegen ÖVP und FPÖ. Die SPÖ reüssiert mit dieser Strategie und gewinnt, dank Doskozils Law-and-Order-Kurs in Sicherheits- und Asylfragen, enttäuschte Kurz-Wähler von der ÖVP zurück; Grüne und Neos fahren ein achtbares Ergebnis ein, die Dreierkoalition geht sich aus.

· Diese Strategie geht nicht auf, die SPÖ verbleibt für weitere vier Jahre in der Opposition – und Doskozil muss sich wohl auf die nächste rote Obmanndebatte, diesmal mit ihm als Zielscheibe von internen Angriffen, einstellen.

· Doskozil erkennt, dass er sich zu weit vorgewagt hat, und zieht seine Ansage vom Parteitag schrittweise zurück. Das wäre wohl die schlechteste Variante, das kostet maximal Glaubwürdigkeit und ist eine Bürde im Wahlkampf.

ÖVP rüstet sich für schwarz-blaue Neuauflage

Insofern ist die Variante, dass es der neue SPÖ-Chef auf einen Lagerwahlkampf anlegt und damit ein riskantes Signal gegen eine drohende schwarz-blaue Koalition setzt, plausibel. Die guten Umfragedaten und die tollen Landtagswahlergebnisse für die FPÖ, zwei schwarz-blaue Koalitionen in Niederösterreich und Salzburg, das Werben von Nehammer, Wöginger und Co auf Bundesebene sprechen dafür, dass sich die ÖVP für eine Neuauflage von Schwarz/Türkis-Blau im Bund rüstet.

Dass Doskozil darauf reagiert, ist auch insofern ein interessanter politischer Schachzug, als er an die Strategie der SPD im letzten Bundeswahlkampf erinnert. Spitzenkandidat Olaf Scholz hatte sich zum Ziel gesetzt, die CDU aus dem Kanzleramt zu werfen. Und er machte kein Hehl daraus, dass sein Wunschkoalitionspartner die Grünen waren. Die Strategie ging auf, Scholz ist nun Kanzler einer Dreierkoalition mit Grünen und FDP, die Langzeitkanzlerinnenpartei CDU ist in Opposition.

Bis es so, oder so ähnlich, in Österreich kommen könnte, wird Doskozil viel zu tun haben. Zunächst muss er die gesamte SPÖ von sich und seinem Weg überzeugen. Die Partei muss sich darauf einigen, wofür sie inhaltlich steht. Wahlen müssen gewonnen, Grüne und Neos erst einmal überzeugt werden. Es ist insgesamt eine riskante Strategie, die Doskozil hier fährt – aber keine unmögliche. Wenn er es schafft, die SPÖ zu einen. (Petra Stuiber, 5.6.2023)