Babler und Doskozil
Ein nicht sonderlich emotionales Zusammenrücken zwischen Babler und Doskozil, nach der Wahl zum neuen Bundesparteivorsitzenden der SPÖ.
Heribert Corn

Zum Abschluss musste Andreas Babler noch einmal auf die Bühne gehen. Allerdings nicht als sprühender Kandidat, sondern als geschlagener Verlierer eines kräfteraubenden Führungskampfs um den SPÖ-Vorsitz. Babler konnte die symbolische Geste seines Kontrahenten aber keinesfalls ausschlagen. War er es doch, der versprochen hatte, die zerstrittene Partei wieder einen zu wollen. Nun hatte ihn aber ausgerechnet Hans Peter Doskozil zu sich nach oben gebeten, der kurz zuvor statt Babler zum Parteichef gekürt wurde. Es war als ein erstes "Aufeinanderzugehen" der beiden Lager gedacht. Wenn es auch nur wenige Meter waren, für Babler dürfte es ein schmerzhafter Gang gewesen sein, der ihm nicht leicht fiel.

Die Umarmung zwischen Doskozil und Babler blieb zaghaft distanziert. Man klatschte einander kurz zu. Doskozil zollte Babler Respekt für das, was er in den vergangenen Wochen auf die Beine gestellt hatte. Immerhin traten 9000 Mitglieder im Zuge der Basiswahl neu in die SPÖ ein – vermutlich größtenteils wegen Bablers Kandidatur. Die Szene auf der Bühne wirkte aber sehr bemüht und kaum ehrlich. Die vielbeschworene Aussöhnung dürfte vor allem den Babler-Anhängern am linken Rand schwerfallen, hier wurden viele Erwartungen enttäuscht. Parteirebell Niki Kowall rief vorsorglich auf Twitter dazu auf, nicht "überhastet" aus der SPÖ auszutreten.

Knapper als erwartet

Für seine Anhänger ist Babler wohl kein Verlierer, sondern jemand, für den nur 37 Delegierte weniger gestimmt haben als für Doskozil. Das Duell beim Parteitag in Linz ging knapper aus als gedacht. Das weiß man auch im engeren Umfeld des neuen obersten Sozialdemokraten des Landes. Doskozil wird Babler und seinen Anhang in sein Team integrieren müssen, um einen inhaltlichen und personellen "Bogen zu spannen", wie Doskozil es selbst ausdrückte. Die Frage ist nur wie.

Vakant sind zwei Posten, die noch diese Woche besetzt werden sollen: die Leitung der Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße und die Führung im Parlamentsklub. Babler käme ohne Nationalratsmandat nur für Ersteres infrage. Das erscheint aber aus zwei Gründen unwahrscheinlich: Doskozil wird die Bundesgeschäftsführung, die auch mit der Wahlkampforganisation betraut ist, mit einem Vertrauten besetzen, auf den er sich verlassen kann. Dazu gehört Babler nicht. Abgesehen davon raten Doskozil-Vertraute, Babler angesichts seiner Ambitionen in der SPÖ neben sich nicht zu groß werden zu lassen. Zumindest eine thematische Rolle oder höhere Aufgaben in einem Wahlkampf scheinen möglich. So richtig weiß man im Burgenland aber ohnehin noch nicht, was Babler nun will.

Die Verbinderin im Vakuum

In diesem Vakuum kommt Julia Herr als mögliche "Verbinderin" ins Spiel. Die 30-jährige Burgenländerin pflegt zwar seit Jahren eine tiefe Verbundenheit mit Babler und hätte ihn lieber als Parteichef gesehen. Aber die junge Politikerin schätzt genauso ihren Nationalratskollegen Max Lercher. Der Steirer zählt zum engsten Umfeld Doskozils und hatte schon unter Ex-Parteichef Christian Kern die Leitung der Löwelstraße inne. Lercher streute Herr am Parteitag bereits Rosen, indem er sie als eine der größten Politikerinnen Österreichs bezeichnete. Gut möglich, dass die beiden unter Doskozil nun aufsteigen. Auch Frauenvorsitzende Eva Maria Holzleitner, die ohnedies stellvertretende Parteivorsitzende ist, soll gut eingebunden werden.

Aber im Umfeld des burgenländischen Landeshauptmanns weiß man auch, dass es nicht reicht, "nur" Babler und seinen Anhang zu befrieden, es gehe um alle Ebenen in der Partei.

Daher stünden in nächster Zeit doch etliche Gespräche auf dem Programm. Mit jenen Genossinnen und Genossen im Nationalrat etwa, die zu Ex-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner gehalten hatten; mit der Gewerkschaft, die Doskozils gesetzlichen Mindestlohn teils skeptisch sieht; mit den Frauen in der SPÖ, die der neue Parteichef nicht von sich überzeugen konnte; und nicht zuletzt mit den Wiener Roten um Michael Ludwig, die bis zum Schluss alles versucht hatten, um Doskozil zu verhindern. Im Umfeld des Burgenländers gibt man sich aber zuversichtlich.

Unklare Nachfolge im Burgenland

Über Doskozils Nachfolge im Burgenland herrscht noch Stillschweigen. Die größten Chancen hat seine Stellvertreterin Astrid Eisenkopf. Sie ist eloquent, gilt als verlässlich und ist im Burgenland gut angeschrieben. So sehr, dass die Grünen schon öffentlich gefordert haben, Doskozil solle ihr nun Platz machen. "Es wäre nur logisch", sagt ein Parteikenner, "wenn ihm nun eine Frau nachfolgt, nachdem er Rendi-Wagner abmontiert hat. Und mit Eisenkopf hätte er dazu eine fähige Politikerin, die auch Wahlen gewinnen kann."

Dass das aber alles noch keine gmahte Wiesn ist, liegt daran, dass Doskozil während seiner letzten Operation Leonhard Schneemann seine Agenden übertragen hat. Der Dritte im Rennen ist Landesrat Heinrich Dorner, ein Macher, zu dessen Agenden aber auch die Rettung des Neusiedler Sees gehört.

Das enge Team um Doskozil, Pressesprecherin Jasmin Puchwein, Geschäftsführer Roland Fürst und Büroleiter Herbert Oschep, wird wohl in seiner nächsten Umgebung bleiben, auch bei einer Übersiedlung nach Wien. Dass sie jetzt mit wichtigen Posten in der Partei exponiert werden, ist eher unwahrscheinlich: Aufgrund ihres mitunter übereifrigen Engagements für den Chef gelten sie vielen, die ihnen gegenüberstanden, als rotes Tuch. (Guido Gluschitsch, Jan Michael Marchart, 4.6.2023)