Mennel und Stoss beim Spatenstich für das Österreich-Haus der Winterspiele 2018 in Pyeongchang. Nun wird kritisiert, sie würden die Gräben noch vertiefen, die es seit Jahren im heimischen Sport gibt.
APA/BIRGIT EGARTER

So ruhig hätte er verlaufen können, der Juni. In einer Woche, exakt am 14., sollte im Österreichischen Olympischen Comité der zwölfköpfige Vorstand neu gewählt werden. Eigentlich keine große Affäre. Doch nun kommt alles anders, und von ruhigem Juni-Verlauf ist keine Rede mehr. Das liegt daran, dass der Noch-ÖOC-Vorstand dem Wahlausschuss, den er zur Vorbereitung der Neuwahl selbst eingesetzt hatte, das Misstrauen aussprach. Seither fliegen die Fetzen, und ÖOC-Präsident Karl Stoss sieht sich mit immer lauter werdender Kritik konfrontiert.

Der Wahlausschuss hätte, wie berichtet, kompetenter und prominenter kaum besetzt sein können. Ihm stand Peter McDonald vor, der Präsident des Dachverbands Union, dazu kamen die Generalsekretäre der beiden anderen Dachverbände, Paul Nittnaus (ASVÖ) und Michael Maurer (ASKÖ), sowie seitens der Fachverbände Thomas Hollerer (Fußballbund), Christian Scherer (Ski Austria), Corina Korner (Judo) und Thomas Holzgruber (Basketball). Hollerer betont, dass man sich die Aufgabe "nicht leicht gemacht", sondern in vielen mehrstündigen Sitzungen versucht habe, die Quadratur des Kreises zu lösen.

Stoss wirft dem Wahlausschuss vor, dass eine Kandidatenliste vorzeitig an die Öffentlichkeit gelangte. Er hat aber keinen Beleg für ein "Leck" beim Ausschuss, dessen sieben Mitglieder sich auch vehement gegen den Stoss-Vorwurf verwehren. Für sie sieht es danach aus, als hätte ihr Vorschlag der ÖOC-Spitze einfach nicht gepasst. Dabei unterschied er sich dem Vernehmen nach in nur drei Punkten von den Stoss'schen Vorstellungen.

Mennel vs. Stadlober

Einer dieser Punkte betrifft Roswitha Stadlober, die Präsidentin des Skiverbands. Sie war vom Wahlausschuss als ÖOC-Vizepräsidentin vorgesehen, davon wollten Stoss und ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel nichts wissen. Dem STANDARD sagt Stadlober, ihr sei mehrfach zu Ohren gekommen, "dass Peter Mennel etwas gegen mich hat". Sie habe Mennel darauf angesprochen. "Und er hat mir bestätigt, dass er mich nicht im ÖOC-Präsidium sieht und dass ich nicht im ÖOC-Präsidium sitzen werde."

ÖSV-Präsidentin Stadlober sollte laut Wahlausschuss, dem auch ÖFB-General Hollerer angehörte, ÖOC-Vizepräsidentin werden.
APA/BARBARA GINDL

Vom STANDARD darauf angesprochen, sagte Mennel am Sonntag: "Dazu ist bitte Karl Stoss zu befragen. Ich suche mir nicht das Präsidium aus, es wird von der Hauptversammlung gewählt." Stadlober macht kein Hehl daraus, dass die Ablehnung durch die ÖOC-Spitze für sie "verwunderlich" und ihr "nicht gleichgültig" sei. "Vielleicht meint man, dass ich zu jung bin", sagt die 59-Jährige und spricht damit eher ihre noch kurze Amtszeit als den Noch-ÖOC-Vorstand an, in dem etliche teils erheblich Ältere sitzen.

Bemerkenswert ist, dass etliche Mitglieder dieses Vorstands in der ÖOC-Hauptversammlung gar nicht stimmberechtigt sind, weil "ihre" Fachverbände dort durch andere vertreten werden. Das meint Ex-ÖSV-Chef Peter Schröcksnadel (81), der also, dem Wahlausschuss misstrauend, just Stadlober als ÖOC-Vizepräsidentin mitverhindert hat, oder andere Ex-Präsidenten wie Peter Kleinmann (Volleyball), Otto Flum (Rad), Gernot Mittendorfer (Eishockey) und Herbert Houf (Segeln) sowie Herbert Hübel (ÖFB). Der Vorstand hat sich übrigens schon einmal, 2020, seine Funktionsperiode durch die Hauptversammlung, die einem diesbezüglichen Stoss-Vorschlag mit klarer Mehrheit zustimmte, um zwei Jahre verlängern lassen und dies mit der Pandemie begründet.

Es müsste längst gewählt sein und schleunigst gewählt werden. Auch deshalb dürften die Stoss-kritischen Verbände sehr bald die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung beantragen, die dafür nötigen Stimmen finden sich locker. Stoss will am Montag Stellung nehmen, vielleicht präsentiert er gleich auch einen neuen Wahlausschuss. Diesem könnte, wie man hört, das eine oder andere aktuelle Vorstandsmitglied angehören. Vielleicht steht ihm gar Peter Schröcksnadel vor. (Fritz Neumann, 5.6.2023)