Joel Schwärzler wird von Red Bull gesponsert und von der spanischen Agentur Kosmos gemanagt. Der ÖTV unterstützt ihn bei Reisen zu internationalen Turnieren, auf dem Weg zum Profi wird er von Ex-Top-Ten-Spieler Jürgen Melzer betreut.
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Der Tennisspieler Joel Schwärzler schaut nicht gern Tennis. Es braucht schon besondere Charaktere, damit er sich ein Match in voller Länge gibt; den Australier Nick Kyrgios etwa, oder den Kasachen Alexander Bublik. Beide zählen zur Gruppe der Entertainer auf dem Platz, weil sie gerne einmal den Ball zwischen den Beinen schlagen. Und weil sie sich mit dem Publikum, Unparteiischen oder dem Gegner anlegen. "Tennis muss Spaß machen", sagt Schwärzler.

Der 17 Jahre alte Vorarlberger sucht derzeit in Paris den Spaß am Tennissport. Bei Roland Garros schlägt er im Jugendwettbewerb auf, seine Erstrundenpartie gegen den Briten Oliver Bonding gewann er innert 1:36 Stunden jedenfalls mit 2:6, 6:3 und 6:3. Am Montag ist er im Juniorendoppel im Einsatz.

Von Melzer betreut

Der österreichische Tennisverband setzt große Hoffnungen in Schwärzler. Am Campus in Dornbirn ausgebildet, übersiedelte er ins ÖTV-Leistungszentrum in Maria Enzersdorf. Schwärzlers Vorbild ist gleichzeitig sein Trainer: ÖTV-Sportdirektor Jürgen Melzer betreut ihn seit knapp einem Jahr. "Joel kann schnell und vielseitig spielen, hat ein gutes Spielverständnis", sagt Melzer. "Er ist eines der größten Talente, die wir in Österreich haben." Aktuell liegt Schwärzler auf Platz 16 der Junioren-Weltrangliste. Nur zwei Spieler, die vor ihm liegen, sind jünger als er. Schwärzler sagt: "In den nächsten zwei Jahren will ich einen Grand-Slam-Titel bei den Junioren holen. Langfristig sind die Top-10 der Welt mein Ziel."

Schwärzler kam in Johannesburg zur Welt. In den Nullerjahren verschlug es seinen Vater Matthias beruflich ins Ausland, in Südafrika lernte er seine spätere Ehefrau Ilse kennen. Der kleine Joel wuchs in Afrika auf, im Alter von sechs Jahren zog die Familie zurück nach Österreich. Der Vater strebte in jungen Jahren selbst eine Profikarriere an, heute ist er Geschäftsführer eines Geschirrunternehmens. Er brachte Joel zum Tennis; so wie dessen um fünf Jahre älteren Bruder Julian, der in Hard eine Tennisakademie leitet.

U16-Europameister

Im vergangenen Sommer feierte Schwärzler seinen bisher größten Erfolg. In Tschechien holte er sich den Titel bei der U16-Europameisterschaft. Schwärzler ist 1,89 Meter groß, ein Linkshänder mit gutem Aufschlag und einer druckvollen Vorhand. Sein Stil ist darauf ausgerichtet, die Punkte am Netz zu beenden.

"Er muss aber noch professioneller werden", sagt Melzer, "vor allem was die Körpersprache betrifft." Schwärzler stimmt seinem Coach natürlich zu, nennt die Mentalität als Schwäche. "Nach Niederlagen denke ich länger nach als andere. Zu lange", sagt Schwärzler. Bei seinem Grand-Slam-Debüt im Jänner bei den Australian Open kassierte er eine Erstrundenniederlage. "Das tut immer noch weh. Ich habe mir viel ausgerechnet, war danach einige Tage mies drauf. Es fühlte sich an, als ob meine ganze Arbeit umsonst war."

Er wird sich an das Verlieren gewöhnen müssen, selbst Novak Djokovic kassierte als Profi bisher 210 Niederlagen. Rückschläge lassen sich mit Erfahrung besser wegstecken. In Paris zählt Schwärzler zu den Außenseitern, weil er ein Jahr jünger ist als der Großteil des Spielerfelds.

Schwärzler beschreibt sich abseits des Platzes als ruhigen Typen, im Gespräch strahlt er eine strukturierte Denkweise aus. Er sagt, in der Schule hätte er mit Mathematik kaum Probleme, weil es ein schematisches Fach sei. "Mit Deutsch habe ich mir immer schwergetan. Das kann man schwer erlernen."

Im Training sei es ihm wichtig zu wissen, "warum man einen gewissen Ratschlag bekommt. Bei Jürgen habe ich die vollste Überzeugung."

Talenteschmiede in Vorarlberg

Es ist auffällig, mit welcher Regelmäßigkeit Vorarlberg Tennisprofis entwickelt. Österreichs Top-Spielerinnen Julia Grabher, Tamira Paszek und Yvonne Meusburger kommen ebenso aus dem Ländle wie die Doppelspieler Philipp Oswald und Julian Knowle. Schwärzler will sich in diese Riege einreihen und die Erfolge seiner Landsleute überbieten. Wenn es gelingt, schauen ihm bestimmt viele Leute beim Tennisspielen zu. (Lukas Zahrer, 5.6.2023)