"Rüsseltier" ist ein beliebter Begriff bei Kreuzworträtseln. Je nach gefragter Buchstabenanzahl sind dann etwa "Tapir", "Elefant" oder "Mammut" die Lösung. Ein Online-Schummler schlägt auch "Ameisenbär" vor. Alles Tiere mit eher exotischem Touch. Dabei gibt es auch bei uns Rüsseltiere, die sogar fliegen können (Nein, nicht Dumbo). Viele Insekten haben Saugrüssel (Proboscis) für das Aufnehmen flüssiger Nahrung. Die meisten Hummeln verfügen über einen besonders langen, ausfahrbaren Rüssel, mit dem sie in Blütengalaxien vordringen, die noch nie zuvor eine Biene gesehen hat.
Hummeln (Bombus) zählen wohl zu den beliebtesten Gartenbrummerinnen. Ich mag sie auch sehr. In Österreich gibt es mehr als 40 Arten, sie gehören zu den staatenbildenden Insekten und spielen eine derart wichtige Rolle bei der Bestäubung, dass sie im Obst- und Gemüseanbau gezielt eingesetzt werden. Ihre Völker sind zwar bedeutend kleiner als etwa die der Honigbienen, dafür fliegen Hummeln aber praktisch bei jedem Wetter aus. Honigbienen hingegen sind Diven, die zu Hause bleiben, wenn es zu kalt und windig ist. Das war heuer schon ein Riesenproblem in der Imkerei.
Ein Bad im Blütenstaub
Manche Hummelarten haben Lieblingsblüten. Ackerhummeln beispielsweise lieben Rotklee, wie ich beobachten konnte. Erdhummeln stürmen bei uns im Garten gerade die aufgeblühten Pfingstrosen. Beim Riechen an den herrlich duftenden Blumen muss man immer damit rechnen, dass die Blüte schon besetzt ist. Auch die momentan in Vollblüte befindliche Weigelie, Mohnblumen, Iris und später dann der Hibiskus sind Hummelmagnete. Oft sind die Insekten vom Blütentauchen über und über mit Pollenkügelchen bedeckt, und ich wundere mich, dass sie so voll noch fliegen können.
Hummeln können stechen
Ein weitverbreiteter Irrglaube ist, dass Hummeln nicht stechen, sondern beißen. Sie gehören zur Familie der echten Bienen, also haben die weiblichen Tiere sehr wohl einen Stachel, der aber selten zum Einsatz kommt. Und davor gibt es immer eine Warnung: Wenn sich eine Hummel bedroht fühlt, dreht sie sich hektisch auf den Rücken. Das sieht ein wenig unbeholfen aus, aber bei dieser Gelegenheit präsentiert sie den gar nicht so kleinen Stachel, der übrigens keine Widerhäkchen hat. Ein Stich ist also nicht ihr Todesurteil wie bei Honigbienen. Manchmal hält sich die Hummel beim Piksen mit ihren Mundwerkzeugen fest, was den Eindruck erwecken kann, dass sie zubeißt.
Das Hummelparadoxon
Legendär falsch ist auch die Behauptung, dass ihre Flügel eigentlich zu klein sind, um die Brummer in die Luft zu bringen. Die Behauptung ist als Hummelparadoxon bekannt, das aber keines ist. Die Mutmaßung beruht auf gut 90 Jahre alten Berechnungen der Aerodynamik von künstlichen, starren Flugkörpern, die nicht auf kleine Insekten umgelegt werden können. Was eigentlich damals schon klar war, aber der Gedanke, dass Hummeln die Gesetze der Physik überlisten, war einfach zu schön, um wahr zu sein.
Mit fortschreitender Technik fanden Forschende heraus, dass die beiden biegsamen und elastischen Flügelpaare der Hummel bis zu 200 Mal pro Sekunde schlagen, und zwar nicht auf und ab, sondern eher kreisförmig. Hummeln sind also kleine Hubschrauber. Als anderes Wort für Helikopter werden Hummeln beim Kreuzworträtseln aber wohl trotzdem nicht durchgehen. Außer vielleicht beim immer kniffligen STANDARD-Rätsel der phoenixen. (Michael Simoner, 7.6.2023)