Logo der Tech-Börse Nasdaq.
An der Tech-Börse Nasdaq sieht man ein Licht am Ende des Tunnels.
REUTERS/JEENAH MOON

Gegen Ende 2022 hatte es noch so gewirkt, als würden nach Jahren des Höhenflugs schließlich doch die Bären das Ruder im Boot der Tech-Aktien übernehmen: Der Hype um Kryptowährungen hatte durch zahlreiche Skandale ein jähes Ende gefunden, die durch Pandemie und Homeoffice beflügelte Nachfrage nach Hardware ließ nach, und das von Meta-CEO groß ausgerufene Metaversum ließ noch viele Fragen offen. Der Nasdaq 100, ein von großen Tech-Konzernen dominierter Aktienindex, büßte im Jahr 2022 ein Drittel seines Werts ein. Große und kleine IT-Unternehmen setzten gleichermaßen Personal vor die Tür.

Aufbruchstimmung im Silicon Valley

Das änderte sich mit der Vorstellung der generativen Text-KI ChatGPT im November 2022. Das dahinterstehende Unternehmen, OpenAI, kommt Medienberichten zufolge inzwischen auf eine Bewertung zwischen 27 und 29 Milliarden Dollar, das Vermögen von Gründer Sam Altman wird auf 500 Millionen Dollar geschätzt. Die einfache Nutzung von ChatGPT und die oft sehr überzeugenden Ergebnisse haben das Jahr 2023 zu einem Hypejahr der künstlichen Intelligenz werden lassen, was sich auch im Silicon Valley zeigt: Laut einem Bericht der "Washington Post" sind dort 2023 bisher 12,5 Milliarden Dollar an Investments in Start-ups rund um generative KI geflossen, im Gesamtjahr 2022 waren es bloß 4,5 Milliarden Dollar.

Jenseits wie diesseits des Atlantiks zerbricht man sich in Cafés und auf Konferenzen den Kopf darüber, welchen Einfluss KI auf Leben und Arbeit haben wird: Neue Geschäftschancen entstehen, gleichzeitig herrscht Angst vor Jobverlust, Fragen um Regulierung, Datenschutz und Fake News sind akuter denn je. Euphorische Menschen vergleichen KI mit der Erfindung des Buchdrucks, Pessimisten ziehen den Vergleich zur Atombombe und warnen vor einer möglichen Auslöschung der Menschheit.

Höhenflüge bei Aktien

Doch nicht nur Start-ups erleben derzeit einen zweiten Frühling, auch Aktionäre freuen sich über einen neuen Höhenflug. So hat der besagte Nasdaq 100 seit Jahresbeginn rund ein Drittel an Wert gewonnen und nähert sich wieder seinem All-Time-High von Ende 2021. Zum Vergleich: Der S&P 500 liegt seit Jahresanfang rund zwölf Prozent im Plus.

Für Gesprächsstoff sorgte hier zuletzt vor allem das Unternehmen Nvidia, das Ende Mai einen Börsenwert von einer Billion Dollar erreicht hatte und mit der eigenen Umsatzprognose die Erwartungen von Analysten um 50 Prozent deutlich übertraf. Rund 170 Prozent haben die Aktien seit Jahresbeginn an Wert gewonnen. Das unter Gamerinnen und Gamern vor allem für seine Grafikkarten bekannte Unternehmen liefert jene Hardware, die von Tech-Unternehmen für die Umsetzung ihrer KI-Pläne benötigt wird. Im Plus sind aber auch die Aktien anderer Tech-Konzerne: Microsoft etwa, das die Technologie von Open AI in die eigenen Produkte integriert, liegt seit Jahresbeginn rund 40 Prozent im Plus. Ein ähnliches Wachstum zeigt die Aktie von Google-Mutter Alphabet, die unter anderem die eigene Suchmaschine mit KI-Elementen anreichern will.

Bei aller Euphorie sind manche Marktbeobachter skeptisch. Sie warnen Investoren, zu sehr einem Hype zu verfallen, und erinnern an vergangene Tech-Blasen, die geplatzt sind. Nicht zuletzt Investorlegende Warren Buffett sieht einen Grund, zum Beispiel nicht in Nvidia zu investieren: Der Erfolg über die nächsten Jahre lasse sich auf Basis der aktuellen Daten nur schwer prognostizieren. (Stefan Mey, 5.6.2023)