Proteste
Allen Protesten zum Trotz wird die Lithiummine gebaut.
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Die portugiesische Umweltbehörde hat dem Projekt für die größte Lithiummine in Europa Ende vergangener Woche ein positives Umweltgutachten erstellt. Damit steht dem Tagebau im Norden Portugals, unweit der spanischen Grenze, nichts mehr im Wege. Der Bescheid der Behörde "markiert den Beginn einer aufregenden neuen Phase für das Barroso-Lithiumprojekt, für Savannah und für Portugal, da es seinen ersten Schritt in Richtung einer bedeutenden Rolle in der Wertschöpfungskette für Lithiumbatterien und in der europäischen Energiewende macht", sagte Dale Ferguson, COE der britischen Bergbaugesellschaft Savannah, die die Lizenz für den Abbau beantragt hat. Ferguson verspricht ein "verantwortungsvolles Vorgehen".

Vor Ort stößt der Bescheid auf Widerstand. Die Bürgerinitiative UCDB – "Gemeinsam für die Verteidigung von Covas", wie der Name des Dorfes im Herzen des künftigen Tagebaus lautet – zeigt sich "überrascht". "Mehr als zwei Jahre lang wurde das Projekt von Fachleuten konsequent abgelehnt", heißt es in einer Erklärung. In Boticas, einem vom geplanten Bergbau betroffenen Ort, prüft Bürgermeister Fernando Queiroge Schritte gegen den Beschluss. "Die Überlegung, die Entscheidung vor Gericht anzufechten, ist auf dem Tisch", sagt er im Rundfunk.

Begehrter Rohstoff

Lithium ist das Metall, das eine nachhaltige und klimaneutrale Zukunft garantieren soll. Es wird für die Herstellung von Batterien für die E-Mobilität gebraucht. Der Bedarf ist enorm. Die Vorkommen im Norden Portugals sind es auch. 27 Millionen Tonnen lithiumhaltiges Gestein sollen um das 260 Einwohner zählende Dorf Covas do Barroso lagern. Für die Gewinnung von Lithium aus dem abgebauten Gestein wird viel Energie und Wasser gebraucht. Außerdem kommen hochgiftige Chemikalien zum Einsatz.

"Die portugiesische Regierung hat nur ein Ziel, das Projekt zu genehmigen. Das ist eine Katastrophe für die Umwelt und ist gegen den Willen der Bevölkerung", erklären die Gegner der Mine von der Initiative UCDB. Tatsächlich steht die sozialistische Regierung unter Antonio Costa seit Jahren an der Seite von Savannah. Sie verspricht sich für das arme südwesteuropäische Land, das ähnlich wie Griechenland von der Eurokrise besonders hart betroffen war, Millioneninvestitionen und Arbeitsplätze für die Nordregion.

Riesige Löcher im Weltkulturerbe

Der Preis ist hoch: Ein ganzer Landstrich soll regelrecht umgegraben werden. Lithium wird im Tagebau abgebaut. Die Zukunft der hügeligen Region werden riesige Löcher sein. Dutzende 150 Meter tiefe Löcher mit einem Durchmesser von bis zu 600 Metern sollen entstehen. Dabei wurde die Region erst 2019 von der Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen zum landwirtschaftlichen Weltkulturerbe erklärt.

Auch die portugiesische Umweltschutzorganisation Zero reagiert empört. Deren Vorsitzender Francisco Ferreira spricht von "sehr starkem politischem Druck, die Ausbeutung von Lithium voranzutreiben". "Wir sind nicht gegen die Ausbeutung von Lithium in Portugal, aber es muss an den richtigen Orten sein, und das hier ist ein falscher Ort", sagt er. Die Minen sind seiner Ansicht nach viel zu nahe an den Dörfern. Er fürchtet um die Gesundheit der Menschen, um die Bäche und das Grundwasser der Region.

Ein Risiko für das Ökosystems lasse sich nicht zu 100 Prozent verhindern, kommentiert Ferreira die Auflagen der portugiesischen Umweltbehörde. Dort ist von einer Wiederaufforstung der in die Landschaft gerissenen Löcher die Rede und davon, dass das Wasser aus dem Fluss Covas nicht genutzt werden darf. Außerdem soll ein Teil der Gewinne an die betroffenen Gemeinden gehen.

Während die britische Bergbaugesellschaft Savannah die "Wiederaufnahme der Sondierungen zur endgültigen Feststellung der Wegbarkeit des Abbaus" ankündigt, ruft die Bürgerinitiative UCDB vom 10. bis zum 15. August zu einem dritten Protestcamp zur Verteidigung von Barroso auf. (Reiner Wandler aus Madrid, 6.6.2023)