Mavka / Hüterin des Waldes
Mavka ist ein Waldgeist und umgibt sich mit Fabelwesen.
Einhorn-Film

Die Ukraine exportiert nicht nur Sonnenblumen und Weizen. Ausgerechnet ein Animationsfilm für Kinder entwickelt sich inmitten des russischen Angriffskrieges zum Exportschlager – wenn auch unter erschwerten Bedingungen. Mavka: Hüterin des Waldes von Oleh Malamuzh und Oleksandra Ruban war fast fertig, als Russland in die Ukraine einmarschierte. Nun bekommt er eine doppelte Bedeutung, auch für Erwachsene.

Dabei ist die Geschichte im Grunde harmlos und märchenhaft. Titelheldin Mavka ist ein Geist in einem verwunschenen Wald. Eines Tages wagt sich ein junger Mann namens Lukash im Auftrag einer reichen Unternehmerin dort hinein. Die will das dortige Lebenselixier ausbeuten, wie schon ihr Vater. Doch die Beschützer des Waldes wehrten sich einst erfolgreich. Aus der Begegnung zwischen Mavka mit dem Musiker Lukash wird schnell eine Pocahontas-artige Romanze, die neue Probleme heraufbeschwört.

Der Film basiert auf Lesya Ukrainkas dramatischem Stück Lisova Pisnya – Das Waldlied von 1911. Die Verarbeitung slawischer Folklore und Mythologie in dieser frühen Fantasyliteratur nutzt auch der Film wunderbar für seine 3D-animierte Umsetzung mithilfe von Historikerinnen und Volkskundlern. Ein Kooperationspartner ist auch der ukrainische WWF. Tatsächlich bedrohte Tierarten wie der Luchs kommen vor, und die filmischen Orte sind den Karpaten, dem Buky Canyon oder dem Polissya-Nationalpark nachempfunden. Das gibt dem Kinderfilm eine ökologische Botschaft, die sich nicht aufdrängt.

MAVKA: Hüterin des Waldes Trailer German Deutsch (2023)
KinoCheck Familie

Kriegsbezüge sind nicht intendiert

Unintendiert drängt sich allerdings für Erwachsenenaugen der aktuelle Kriegskontext auf. Eine rücksichtlose Fremde, die ins Dorf kommt und mit ihrem riesigen rauchenden Holzerntefahrzeug in den Wald eindringt, Waldbewohner, die sich wehren und die zerstörerische Kraft des Erdgeistes beschwören. All das gibt dem Märchen eine unheimliche allegorische Ebene, auch wenn die Geschichte im Frühling 2022 schon lange fertig war.

In einem Video vom Mai letzten Jahres berichten die Mitarbeitenden des ukrainischen Animagrad Studios von ihren Kellern aus über die Schlussproduktion unter erschwerten Kriegsbedingungen. Vier wechselten zum Militärdienst, Dutzende von ihnen wurden vertrieben. Produzentin Anna Eliseeva interpretiert die hoffnungsvolle Märchenbotschaft ihres Kinderfilms neu: "Wir hätten uns nie vorstellen können, wie sehr der Plot die aktuellen Vorkommnisse in der Ukraine widerspiegelt. Aber wir glauben daran, dass im Film und im realen Leben, das Licht die Dunkelheit überwindet und die Liebe den Hass besiegt."

Making Of "Mavka"
Mitarbeiter:innen des Animagrad Studio in der Ukraine erzählen über die erschwerten Arbeitsbedingungen zu Kriegsbeginn.
FILM.UA Group

Beim Marché du Film in Cannes 2022 wurde der Film bereits groß präsentiert und kommt nun in insgesamt 80 Ländern ins Kino. In Österreich startet der Film, der ab sechs Jahren empfohlen wird, neben einigen ukrainischen Vorstellungen für geflüchtete Kinder in deutscher Synchronfassung.

Auch wenn sie nicht ganz so fantasievoll wie einige Pixar- oder Miyazaki-Meisterwerke ist, funktioniert die bunte Kinderanimation mindestens auf dem Level der meisten Disneyfilme. Ungeachtet des Kriegskontexts hat der Film keine harte kämpferische Botschaft, sondern eine friedliche. Am Ende wird der schwere Baumernter vom Beschützer des Waldes aufgehalten. (Marian Wilhelm, 6.6.2023)