Wandern in Dorfgastein
Dorfgastein ist eines der insgesamt 38 Wanderdörfer in Österreich, die sich dem sanften Tourismus verschrieben haben.
Foto: Stefanie Ruep

Ein Wanderurlaub ohne Fußabdruck – das haben sich die Wanderdörfer in Österreich zum Ziel gesetzt. Das Gehen als ursprünglichste Form der Fortbewegung ist an sich recht umweltfreundlich. Doch es gibt vor und nach der Wanderung noch viele Bereiche, die sich nachhaltiger gestalten lassen. Bei einer gemeinsamen Tagung am Weissensee in Kärnten haben Tourismusvertreter Lösungsansätze für eine Zukunft des sanften Wandertourismus gesucht.

Als Redner war der deutsche Sozialpsychologe Harald Welzer vor Ort. Er sieht das Grundproblem darin, dass unsere Kultur auf permanentes Wachstum und höhere Leistung ausgerichtet ist. "Deshalb wird ein höherer Verbrauch von Welt als besser bewertet", betont Welzer. In dieser Logik der Steigerung sei es trotz 50 Jahren Öko-Kommunikation und 30 Jahren Klimakommunikation nicht gelungen, dass Politik und Medien den Umwelt- und Klimaschutz als prioritäres Thema ansehen.

Als Grund dafür sieht der Autor und Gründer der Stiftung Futurzwei die Form der alarmistischen Kommunikation, die längst verbraucht sei. Die Menschen müssten vielmehr das Gefühl haben, Teil von etwas zu sein. "Dieses Angebot ist nie gemacht worden", sagt Welzer. Alle könnten dazu beitragen, dass die Welt ein guter Ort für alle wird. "Man kann die Veränderung der Gesellschaft nicht delegieren." Eine negative Begründung, warum Umwelt- und Klimaschutz wichtig sei, erzeuge hingegen Reaktanz. Im Hinblick darauf, Frieden mit unserer Umwelt zu schließen, könne man vom Wandern viel lernen. "Im Gehen können wir uns die Welt erschließen, ohne Ressourcen zu verbrauchen oder Zerstörung anzurichten", sagt Welzer. Positive Beispiele lieferte beim Wandersymposium etwa die Region Wagrain-Kleinarl, die als erste in Österreich als Green Destination zertifiziert wurde. Der Tourismusverband fand im Zuge der Zertifizierung für das Umweltzeichen heraus, dass die Region bereits einige Kriterien erfüllte.

Hochkönig mit gelben Blumen
In Dienten blickt man beim Wandern direkt auf den Hochkönig.
Foto: Stefanie Ruep

Der Prozess habe den Anstoß für viele kleine Veränderungen gegeben, schildert Nicole Nell von Wagrain-Kleinarl-Tourismus. Die Gäste würden nun bereits vor der Anreise sensibilisiert werden, öffentliche Mobilitätsangebote zu nutzen. Die Betriebe in der Region würden geschult werden, wie sie die Gäste über die nachhaltige Anreise informieren.

Bei einem Nachhaltigkeitsstammtisch tauschen sich Hoteliers, Gastronomen und andere Betriebe über ökologische Produkte und Kreislaufwirtschaft aus. Auch die rund 80 Biobauern der Region sollten bei den Urlaubsgästen sichtbar werden: Ihre Produkte werden in den Küchen der Pensionen und Hotels genutzt, und es werden Rezepte mit regionalen Produkten und einem Paket zum Mit-nach-Hause-Nehmen angeboten. Die Wanderführer in den beiden Pongauer Orten wurden mit Clean-up-Sets zum Aufräumen auf dem Berg ausgestattet und auch geschult, wie sie den Gästen Basiswissen vermitteln. Etwa dass es wichtig ist, auf dem Weg zu bleiben, um Flora und Fauna genügend Freiraum zu geben.

Kriterien für Wanderdörfer

Insgesamt 38 Ortschaften in Österreich sind mit dem Wandergütesiegel ausgezeichnet und dürfen sich daher zertifiziertes Wanderdorf nennen: darunter etwa Puchberg am Schneeberg, Dienten am Hochkönig oder Au-Schoppernau im Bregenzerwald. Die Kriterien, die diese Dörfer erfüllen müssen, um das Siegel vom Verein Wanderdörfer zu erhalten, sind streng. Beurteilt werden etwa markierte Wanderwege, ortskundige Gastgeber, die Informationen für Berggeher und Wanderinnen bereitstellen, bis hin zu Leitsystemen, um sich im Dorf zurechtzufinden. Das Dorf ist sozusagen das Basecamp der Wandergäste, wo sich alle im Tourismusbüro informieren können und sich auch Infrastruktur im Ort mit Lebensmittelgeschäft, Gasthof und Restaurant befindet.

Dass nachhaltiges Wirtschaften auch in der Küche funktioniert, zeigten die Hüttenwirte der Franz-Fischer-Hütte Evelyn Matejka und Tom Burger. In Österreich macht Ernährung 23 Prozent des CO2-Fußabdrucks aus, erklärte Burger. Deshalb habe die Alpenvereinshütte als erste auf rein vegan-vegetarische Küche umgestellt – mit Erfolg. Seit diesem Schritt zählt die Hütte am Fuße des Mosermandels im Lungauer Riedingtal zu den fünf bekanntesten Hüttenmarken im Alpenraum, und die Nächtigungszahlen haben sich seit 2014 verdreifacht. Weiter ausbauen oder dergleichen kommt für die beiden aber nicht infrage. "Die Hütte soll nicht wachsen. Sie soll bleiben, wie sie ist", sagt Burger. Haubenkoch Hannes Müller vom Gasthof Die Forelle am Weissensee setzt wiederum auf rein regionalen Küche: Im Mai gebe es neben dem Spargel eben überwiegend Lagergemüse und eingelegte Zutaten. (Stefanie Ruep, 8.6.2023)