Birgit Baumann aus  Berlin

Was sich – von links bis rechts – alle im deutschen Bundestag vertretenen Parteien erhofft hatten, ist nicht eingetreten. Die AfD hat zwar zwischenzeitlich an Zuspruch verloren, vor allem als ihr das große Thema "Migration und Flucht" abhandenkam. Doch sie verschwand nicht völlig von der Bildfläche.

Die AfD spricht, wie hier im Saarland, Menschen an, die sich um ihre Heimat "sorgen". Das kommt gut an.
IMAGO / Becker Bredel

Im Gegenteil: Derzeit liegt sie im Umfragen vor den Grünen an zweiter Stelle, bei 18 bis 19 Prozent. Das ist noch kein Wahlergebnis, aber doch der höchste Wert seit fünf Jahren. Kein Wunder, dass sowohl die Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP als auch die oppositionelle Union nervös sind.

Und schon schwirren die Schuldzuweisungen durch das politische Berlin. CDU-Chef Friedrich Merz zeigt auf die Ampel, und damit hat er natürlich nicht ganz unrecht. Diese gibt seit Monaten ein unschönes Bild ab. Es dominieren Streit und Frust. Für Einigungen, wenn sie denn überhaupt erzielt werden, ist viel Zeit nötig.

Wer dieses Schauspiels überdrüssig ist, gibt in Umfragen schnell einmal an, er wolle nächstes Mal lieber die AfD wählen. Ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen geschlechtsneutraler Sprache in öffentlich-rechtlichen TV-Sendern und dem Erfolg der AfD besteht, wie es Merz erklärt, darf hingegen bezweifelt werden. Merz kritisiert nämlich: "Mit jeder gegenderten Nachrichtensendung gehen ein paar hundert Stimmen mehr zur AfD." So weit, so simpel.

Merz macht es sich einfach

Apropos Merz und Opposition: Allzu einfach sollte man es sich nicht machen. Eine schwache Ampel könnte ja auch einer starken, selbstbewussten und erfolgreichen CDU zu höheren Umfragewerten verhelfen. Das passiert aber nur zum Teil. Offensichtlich können sich nicht so viele Konservative vorstellen, dass Merz und die CDU es im Kanzleramt besser machen würden. Sie protestieren lieber mit Zuwendung zur radikalen AfD, die nicht einmal in die Nähe des Kanzleramts kommt.

Die AfD will mit scheinbar einfachen Lösungen zur alten Zeit zurück. Ihre "Maßnahmen" lauten: Geflüchtete sollen draußen bleiben, Energiewende brauchen wir nicht, Russland ist so übel nicht.

Wenn derartige Inhalte gut ankommen, dann sollten sich nicht nur die regierenden Ampelparteien Gedanken darüber machen, was falsch läuft, sondern auch die Union. Schließlich hat Merz 2018, als er sich um für den CDU-Vorsitz bewarb, erklärt, mit ihm als Chef würde sich die AfD halbieren. Einhalten hat er es nicht können. (Birgit Baumann, 5.6.2023)