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Karl Stoss bleibt Antworten schuldig.
APA/GEORG HOCHMUTH

Wie soll, wie kann sich das noch ausgehen? Der Graben, der sich durch Österreichs Sportlandschaft zieht, ist so tief, dass eine Zuschüttung so bald nicht möglich scheint. Am Montag hat Karl Stoss, seit Oktober 2009 Präsident des Österreichischen Olympischen Comités (ÖOC), zu einem Termin geladen, um seine Sicht der Dinge darzulegen. Er verwies ausführlich auf sportliche und wirtschaftliche ÖOC-Erfolge, blieb aber in der Sache Antworten schuldig – vor allem eine schlüssige auf die Frage, warum der ÖOC-Vorstand jenem Wahlausschuss, der die Neuwahl am 14. Juni vorbereiten sollte, das Misstrauen aussprach.

Der Wahlvorschlag des Ausschusses war vorzeitig öffentlich geworden, Stoss kann nicht belegen, dass der Ausschuss dafür verantwortlich war. Er sagt, auch "Dritte" könnten es gewesen sein, ihm sei da aber auch "eine Whatsapp-Nachricht" bekannt, von wem an wen, das sagte er nicht. Ominös.

Amtszeit verlängert

Nun hat sich die Amtszeit des aktuellen Vorstands ein weiteres Mal verlängert. Dieser hatte sich seine Funktionsperiode schon einmal durch die Hauptversammlung, die einem diesbezüglichen Stoss-Vorschlag mit klarer Mehrheit zustimmte, um zwei Jahre verlängern lassen. Damals waren die Olympischen Sommerspiele in Tokio auf 2021 verschoben worden. Nun amtiert der Vorstand also seit Anfang März 2017, eigentlich hätte längst neu gewählt werden müssen. Stoss will am 14. Juni, also zum ursprünglichen Wahltermin, einen neuen Wahlausschuss beauftragen, einen neuen Wahlvorschlag zu machen. Die Wahl soll laut Stoss im Herbst stattfinden.

Doch ob es wirklich so kommt, ist offen. Immer mehr Verbände, auch die Dachverbände Union, ASKÖ und ASVÖ sowie wichtige Fachverbände, stehen der ÖOC-Führung immer kritischer gegenüber. Fünf von ihnen beantragten am Montag die Abhaltung einer außerordentlichen Hauptversammlung, mehr braucht es nicht, damit eine solche HV einberufen werden muss. Sie muss binnen vier Wochen stattfinden, bis dahin werden sich die Kritiker von Stoss und ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel überlegen, welche Anträge sie einbringen. Ein möglicher Ansatz könnte sein, dass der Wahlausschuss so gar nicht abgesetzt werden konnte und sein Wahlvorschlag also noch gilt. Dieser war vielen als Brücke zwischen den zwei Lagern erschienen.

Selbst der Stoss-Sessel könnte vielleicht ins Wackeln geraten. Viele Verbände, die sich lange heraushielten, sind unglücklich über Stoss und die Vehemenz, mit der er den Wahlvorschlag abgelehnt hat.

Kogler verwundert

Bemerkenswert ist, dass sich Stoss die Ski-Austria-Präsidentin Roswitha Stadlober nicht als ÖOC-Vizepräsidentin vorstellen wollte, sondern auf Elisabeth Max-Theurer beharrt(e). Stadlober will das freilich nicht überbewerten und betont, dass Stoss "seine Sache gut gemacht hat und ein guter Vertreter Österreichs im IOC ist". Verwundert hat sie, dass ihr Generalsekretär Mennel bestätigt habe, er würde sie "nicht im ÖOC-Präsidium sehen".

Auch Sportminister Werner Kogler (Grüne) wundert sich mittlerweile über die Vorgänge im ÖOC. Dem Kurier sagte er: "Gar nicht so wenige Funktionäre verwechseln etwas, wenn sie glauben, dass der Sport für sie da ist und nicht sie für den Sport. Man hat den Eindruck, dass es für manche nicht um Konzepte geht, sondern darum, auf einem Sessel zu sitzen. Mein Appell ist es, den Konsens zu suchen."

Detail am Rande ist die von Stoss betonte Bedeutung der ÖOC-AthletInnenkommission, die er vom Wahlausschuss nicht ausreichend eingebunden sah. Ihr steht seit 2021 Matthias Guggenberger vor, der schon 2018 als Skeletonpilot zurücktrat und Trainer in Lettland sowie Großbritannien (ab 2022) wurde. Da heuer bei der EM in Altenberg gleich drei Briten vor dem besten Österreicher Alexander Schlintner (6.) landeten, stellt sich die Frage, ob Guggenbergers ÖOC- mit der Coachingtätigkeit zu vereinbaren ist. Auch die Frage hat Stoss am Montag nicht beantwortet, dafür sei "die Athletenkommission zuständig". (Fritz Neumann, 6.6.2023)