Walküre
Giorgio Berrugi (als Siegmund) sucht seine geliebte Schwester Sieglinde.
Pöhn

Dirigent Franz Welser-Möst, der nun mit zwei Ring-Serien an der Wiener Staatsoper also Abschied von Richard Wagners Tetralogie nimmt, bleibt dem Haus grundsätzlich erhalten. Der Chef des Cleveland Orchestra, der sich übrigens auch schon von Richard Strauss’ Elektra verabschiedet hat, wird kommende Saison die Premiere von Puccinis Turandot leiten.

Er darf dabei gerne jene farblichen Qualitäten entfachen, welche bei der Walküre den Abend prägten. Den Ring des Nibelungen in der Regie von Sven-Eric Bechtolf kennt Welser-Möst natürlich gut. Er hat die Premiere in der Ära Ioan Holender dirigiert und dabei auch schon wackeligere Wotans erlebt. Etwa Juha Uusitalo, den seinerzeit mittendrin die Stimme verließ.

Langer Schlaf

Keine Spur davon am Sonntag bei Eric Owens. Allerdings war seine solide Darbietung, obwohl wortdeutlich, doch immer etwas Richtung sprechgesangliche Artikulation unterwegs. Sein Vortrag ließ denn auch trotz des einnehmenden Timbres Leichtigkeit und Ausdrucksmodulation vermissen. Das Ganze wirkte eindimensional, zumal Owens darstellerisch leider teilnahmslos blieb – ob er seine Tochter Brünnhilde in den langen Schlaf schickte oder mit Gattin Fricka stritt. Der Vorteil der Walküre ist natürlich, dass der inzestuösen Liebe zwischen Sieglinde und Siegmund ein erheblicher Teil des Dramas gewidmet ist.

So vermochte Giorgio Berrugi zu zeigen, dass er trotz nicht sehr großer Stimme mit kultiviert geführten Linien Siegmund mit Noblesse und Präsenz porträtierte. Und Simone Schneider (als Sieglinde) zeigte, dass Dramatik nicht mit vibratopraller Drastik erkämpft werden muss. Dies war leider eher die Sache von Ricarda Merbeth als Brünnhilde. Weniger kämpfen musste Tanja Ariane Baumgartner als Fricka, profund Ain Anger als grimmiger Hunding. Welser-Möst ließ das Staatsopernorchester, wie gesagt, farblich flexibel, mit sich steigernder Intensität dem Drama dienen. Toll, nur manchmal etwas schwer für die Stimmen. (Ljubisa Tosic, 6.6.2023)