Klaudia Frieben
Klaudia Frieben erbte die Leitung der Wahlkommission von Michaela Grubesa.
APA/HELMUT FOHRINGER

Wien – Andreas Babler ist neuer Chef der SPÖ. Der Traiskirchner Bürgermeister nahm das Amt an, nachdem eine Neuauszählung der Stimmen vom Parteitag in Linz seinen Sieg bestätigt hatte. Babler will der Partei Stolz und Würde zurückgeben. Die SPÖ müsse eine Partei sein, die sich vor nichts und niemanden fürchte. Das Comeback der Sozialdemokratie starte hier und heute.

Die notariell begleitete Nachzählung der Stimmen hatte davor jenes Ergebnis ergeben, das bereits am Montag präsentiert worden war und jenes vom Parteitag vergangenen Samstag revidiert hatte. Präsentiert wurde es von der neuen Leiterin der Wahlkommission Klaudia Frieben, nachdem Michaela Grubesa am Vormittag zurückgetreten war. Das nun endgültige Ergebnis sieht so aus. 317 Stimmen gingen an Babler, 280 an Doskozil, fünf Delegierte wählten ungültig. In Prozenten holte der neue Parteichef 52,66 Prozent, Doskozil 46,51. Der Rest war ungültig. Frieben betonte, dass man heute den ganzen Vorgang noch einmal akribisch geprüft habe. Jeder Zettel sei noch einmal umgedreht worden, um alles nachvollziehbar zu machen.

SPÖ-Debakel: "Typisch österreichisch, aber auch sehr unangenehm"
DER STANDARD

Überprüfung durch Parteimitarbeiter

Wie schon tags davor Grubesa berichtete die neue Kommissionsleiterin, dass der Fehler beim Übertragen in eine Excel-Liste passiert sei. Dass am Montag überhaupt noch einmal geprüft wurde, hängt damit zusammen, dass beim veröffentlichten Ergebnis eine Stimme gefehlt hatte. Die Überprüfung haben Parteimitarbeiter vorgenommen, im Auftrag Grubesas. In der Pressekonferenz hatte es noch geheißen, die Angestellten seien selbstständig tätig geworden. Dass der Fehler passiert ist, war für Frieben nicht zu beschönigen: "Man kann sich nur entschuldigen." Ausgezählt worden sei aber immer richtig.

Eine betrügerische Manipulation schloss sie für die Kommission aus. Betont wurde von SPÖ-Seite, dass die Stimmzettel des außerordentlichen Bundesparteitags in Linz eingeschweißt auf einer Palette von Linz nach Wien transportiert worden seien. Sie seien in der Bundesgeschäftsstelle verwahrt und erst im Zuge der Neuauszählung gestern wieder geöffnet worden. Zuletzt war gerüchteweise der Vorwurf laut geworden, die Zettel wären unversiegelt in einem Sackerl nach Wien gelangt.

Dass heute nochmals nachgezählt wurde, war auf Ersuchen des neuen Parteivorsitzenden geschehen. Babler wollte, dass das Ergebnis ohne jeden Zweifel auf dem Tisch liegt.

Zweifel für Babler ausgeräumt

Für Babler sind alle Zweifel am Abstellungsprozess ausgeräumt. Es seien ja alle elf Urnen korrekt ausgezählt worden. In einer Pressekonferenz am Dienstag entschuldigt sich der neue Parteivorsitzende erneut für das Debakel: "Das Versagen des Apparats bei so einer fundamentalen Frage darf sich nicht mehr wiederholen." Die Prüfung habe bestätigt, dass der außerordentliche Parteitag Babler zum 13. Vorsitzender der SPÖ bestätigt hat. Zudem soll es im Herbst bereits wieder einen Parteitag geben, dann einen ordentlichen. Dort will Babler auch eine Statutenänderung mit dem Ziel, dass die Parteivorsitzenden künftig von den Mitgliedern gewählt werden und Koalitionsabkommen ebenfalls der Basis vorgelegt werden. Wie sein Team aussehen wird, wollte der neue SPÖ-Chef heute nicht sagen.

"Die Sehnsucht ist riesig" nach einer Politik, die sich nicht mit sich selbst beschäftigt, so Babler weiter. Die SPÖ liege gerade "ziemlich am Boden." Babler schätzt, dass die Partei "jetzt, nach diesem Theater", in Umfragen unter 20 Prozent liege. Das Comeback der Sozialdemokratie starte aber "hier und heute". Bis Herbst will Babler im Rahmen seiner Sommertour durch ganz Österreich jeden einzelnen Bezirk besuchen.

Der ordentliche SPÖ-Bundesparteitag soll auf Herbst dieses Jahres vorverlegt werden. Babler werde dafür eintreten, dass der geplante nächste ordentliche SPÖ-Bundesparteitag 2024 auf heuer – "noch im Herbst" – vorverlegt wird. Dort will sich Babler auch neuerlich wählen lassen. Babler spricht hier von einem "Einigungskongress". 

Keine Koalition mit FPÖ

Dass mit ihm keine Koalition mit der FPÖ infrage kommt, unterstrich Babler. Bei der ÖVP ließ sich der neue SPÖ-Chef eine Hintertür offen. Dafür müsse sich die Volkspartei erst wieder koalitionsfähig machen. Bezüglich der Blockade von Zwei-Drittel-Mehrheiten im Nationalrat legte sich Babler nicht fest, ob man bei dieser "Taktik" bleiben werde, wobei er ohnehin bestritt, dass es sich um eine Blockade-Haltung handle. Dies wolle er in der Klubvollversammlung debattieren. Den Klubvorsitz wird jedenfalls nicht er übernehmen, sondern jemand aus dem Nationalrat.

Grubesa begründete ihren Abgang am Dienstag in einer schriftlichen Stellungnahme damit, dass sie als Vorsitzende der Kommission für eine zweite Nachprüfung des Ergebnisses am Parteitag hätte sorgen müssen. Für diesen Fehler wolle sie sich in aller Form bei allen Mitgliedern und Delegierten der SPÖ sowie bei all jenen, "die unserer Partei gegenüber Sympathie hegen", entschuldigen – besonders bei Andreas Babler und Hans Peter Doskozil. Ihnen und der gesamten Partei hätte sie die letzten drei Tage in dieser Form gerne erspart.

Babler habe inzwischen mehrfach versucht, Doskozil zu erreichen – vergeblich. Am Mittwoch kommen die Parteigranden möglicherweise zu einem Präsidium zusammen. (APA, red, 6.6.2023)