Robert Habeck (Grüne) hat derzeit nicht viel zu lachen. Aber an eine Aufgabe des Ministeramts denkt er nicht.
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Birgit Baumann aus Berlin

Geraunt wird in Berlin seit Wochen. Wie lange Robert Habeck den Stress noch durchhalte? Ob der grüne Minister für Wirtschaft und Klimaschutz nicht möglicherweise hinwerfen wolle? Einfach hat er es ja nicht. Zuerst gab es massiven Ärger wegen der sogenannten "Trauzeugen-Affäre", in die sein Staatssekretär für die Energiewende, Patrick Graichen, verwickelt war. Dieser musste schließlich zurücktreten.

Aktuell quält Habeck das Heizungsgesetz, von der "Bild-Zeitung" bloß "Heizhammer" genannt – und das in keinem freundlichen Kontext. Habeck will ab 2024 den Neu-Einbau konventioneller Öl- und Gasheizungen verbieten. Neue Geräte sollen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.

Doch erstens sorgte das Vorhaben für viel Unsicherheit bei den Deutschen. Nicht wenige fürchten, sich einen Umbau im Heizungskeller nicht leisten zu können. Zweitens legte sich die FDP quer und trat auf die Bremse. Tenor bei den Liberalen: Der Gesetzesentwurf ist so schlecht, dass er noch mal neu gemacht werden muss. Die Umfragewerte für die Grünen sind auch nicht erfreulich, mittlerweile ist die AfD an ihnen vorbeigezogen.

Habeck ist gerne Minister

Da Habeck vor seiner politischen Karriere, die in der Kommunalpolitik von Schleswig-Holstein begann, auch schon Kinderbücher geschrieben hat, meinen einige bei den Grünen, er sei kein "Sesselkleber". Wenn er genug habe, werde er einfach gehen.

Doch derlei steht aktuell nicht an, auch nicht nach den Rücktrittsaufforderungen aus der Opposition. Das hat Habeck nun selbst klargestellt. "Ich bin Wirtschaftsminister, und das bin ich gerne", sagte er bei einer Veranstaltung der "Rheinischen Post" in Düsseldorf. Gefragt, ob er auch an Rücktritt denke, betonte er: "Nein. Es gibt keine Sehnsucht, das zu beenden."

Nicht äußern wollte er sich zur Frage der nächsten Kanzlerkandidatur bei den Grünen. Da meinte er nur: "Mit der Kanzlerkandidatur müssen wir uns jetzt nicht beschäftigen." Vor der Bundestagswahl hatte Habeck kein Hehl daraus gemacht, dass er gerne erster grüner Kanzlerkandidat geworden wäre. Doch dann fiel die Entscheidung auf Annalena Baerbock. Sie aber patzte im Wahlkampf mit nicht korrektem Lebenslauf und einem Buch mit Plagiaten. Letztendlich kamen die Grünen, die vor der Bundestagswahl eine Zeitlang in Umfragen die Nummer eins gewesen waren, bei der Wahl im September 2021 nur auf Platz drei.

In Berlin gilt es als offenes Geheimnis, dass Habeck und Baerbock sich seit dieser Zeit misstrauisch beäugen. Als Chefs der Grünen hatten sie zuvor gut zusammengearbeitet. Nun aber schaut jede Seite, ob die andere einen Fehler macht. Zuletzt sind beide im Beliebtheitsranking abgerutscht. Habeck jedenfalls will die Frage der Kanzlerkandidatur erst 2025 klären. Drei Monate Wahlkampf für die nächste Bundestagswahl würden reichen.

Protestbrief der grünen Basis

Baerbock und Habeck haben wie andere Spitzen-Grüne (Familienministerin Lisa Paus, die Parteichefs Ricarda Lang und Omid Nouripour, die Fraktionschefs Britta Haßelmann und Katharina Dröge) gerade brisante Post bekommen. Laut "ZDF-heute" beklagen 730 Parteimitglieder schriftlich den Kurs in der EU-Asylpolitik und warnen vor Abweichungen gegenüber den Vereinbarungen der Ampelkoalition.

In dem Brief heißt es: "Auch wenn die Verhandlungssituation in Brüssel sicherlich schwierig ist und wir sicher sind, dass ihr für die Umsetzung des Koalitionsvertrags kämpft, so ist es doch schwer nachvollziehbar, warum die deutsche Verhandlungsposition nicht annähernd den Inhalten des Koalitionsvertrags entspricht." Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des Schreibens seien "erschüttert". Denn: "Die Ausweitung sicherer Drittstaaten, schlechterer Rechtsschutz, verpflichtende Grenzverfahren in Haftlagern und eine massive Verschärfung des gescheiterten Dublin-Systems sind nur einige der Rechtsverschärfungen, die in der vorgeschlagenen Reform des Asylsystems angelegt sind."

Die deutsche Regierung zeigt sich offen für die Prüfung von Asylanträgen an den EU-Außengrenzen. Sie will aber durchsetzen, dass Minderjährige und Familien mit Kindern von den Verfahren ausgenommen werden. Baerbock hatte als Bedingung auch noch genannt, dass niemand "länger als einige Wochen" warten dürfe und dass das Recht auf Asyl "im Kern nicht ausgehöhlt" werde. Die EU-Innenminister beraten am Donnerstag über die seit Jahren umstrittene Reform. (Birgit Baumann, 7.6.2023)