Impulstanz Meg Stuart
Reflexionen über Gewalt: Szenenbild aus Meg Stuarts "Blessed".
Chris Van der Burght

Vierzig Jahre Impulstanz, und immer noch findet sich kein adäquates Festival der nämlichen Art irgendwo anders in Europa. Klarerweise gibt es auch anderswo ambitionierte Formate, doch die spezielle Wiener Mischung aus Performance- und Workshop-Festival hat weltweit nicht ihresgleichen.

Diesen Sommer gewährleisten bei Impulstanz 68 Produktionen und 218 Workshops über die Dauer von vier Wochen eine erstaunliche ästhetische Vielfalt und Diversität. So wird ein Eindruck von der Bandbreite des Besten im zeitgenössischen Tanz vermittelt, wobei sich Innovation und Kontinuität die Waage halten.

Hofseitiger Start

Die Eröffnung am 6. Juli schmeißt die Österreicherin Doris Uhlich mit gut 30 Mitwirkenden im Haupthof des Museumsquartiers, befeuert von der Performance Burn! des dänischen Künstlers Esben Weile Kjær. Uhlich wird übrigens auch ihr Erfolgswerk More than naked von 2013 in die Gegenwart beamen.

Zu den zehn Festival-Uraufführungen zählen Lucinda Childs’ Distant Figure, Liquid Lofts L.I.F.E. – living in funny eternity oder das "Noisical" The Grand and Glorious Party von Elisabeth Bakambamba Tambwe. Lucinda Childs und Robert Wilson bringen ihr gemeinsames Werk Relative Calm nach Wien, und dem US-Amerikaner Trajal Harrell ist eine dreiteilige Personale gewidmet.

Gaigg, Juren, Wanunu

Jan Lauwers, der im Herbst auch an der Staatsoper inszenieren wird, bringt zweimal Shakespeare zu Impulstanz: alle Tragödien unter dem Titel Billy’s Violence und alle Komödien als Billy’s Joy. Zu den weiteren Stars im Programm zählen Mathilde Monnier, Anne Teresa De Keersmaeker (die nächste Woche bereits bei den Wiener Festwochen prominent vertreten ist), Marie Chouinard, Meg Stuart und Olivier Dubois, der kommenden Montag das Salzburger Sommerszene-Festival eröffnet.

Aus der lokalen Szene präsentieren sich unter anderen Christine Gaigg, Anne Juren oder Yosi Wanunu. Und in der Nachwuchsreihe 8:tension werden neun Positionen aus der internationalen jungen Choreografie vorgestellt: Der Australier James Batchelor etwa befasst sich mit der vor den Nazis geflüchteten Österreicherin Gertrud Bodenwieser.

Auf der Schmelz

Auch diesmal kooperiert Impulstanz mit Wiener Museen und Ausstellungsorten, darunter der Heidi Horten Collection, der Künstlerhaus Factory und dem Leopold-Museum. Es gibt Tanz und Performances im Kontext der Mumok-Ausstellung Blackness, White, and Light von Adam Pendleton und im Filmmuseum neben tanzorientierten Musikvideoprogrammen unter anderem auch Filme von Maguy Marin, Michael Laub und Alain Platel. Das Workshop-Festival übrigens findet diesmal auf der Schmelz im Wiener Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus statt, zusätzliche Studios werden noch gesucht. (Helmut Ploebst, 7.6.2023)