Zumindest eine Person in der SPÖ hat für das Wahlschlamassel am vergangenen Samstag die Verantwortung übernommen und Konsequenzen gezogen: Michaela Grubesa, die Leiterin der Wahlkommission des außerordentlichen roten Bundesparteitags, ist von dieser Position zurückgetreten. Völlig zu Recht. Man fragt sich freilich: Und das soll es jetzt gewesen sein? Wo bleibt etwa die Verantwortung des Parteivorstands, der diesen von vornherein schief aufgestellten Vorgang genehmigt hat? Wo sind, bis auf Peter Kaiser, die SP-Länderchefs, die ihrer Partei schützend die Mauer machen?

Andreas Babler steht vor Problemen.
Foto: Corn

Dem Kärntner Landeshauptmann ist in seinem Befund jedenfalls zuzustimmen: Das passiere leider, wenn eine Partei zerstritten sei, sagte Kaiser im Ö1-Morgenjournal. Das kommt davon, wenn Verantwortungs- und Funktionsträger nur den Vorteil des eigenen innerparteilichen "Lagers" im Auge haben. Das geschieht, wenn essenzielle Vorgänge wie die Abstimmung über einen Parteichef oder eine Parteichefin von rein persönlichen Befindlichkeiten getrieben sind.

VIDEO: Babler meldet sich nach Bestätigung seiner Wahl bei Pressekonferenz zu Wort.
APA

Der neue Parteiobmann der SPÖ hat, da nun sein Sieg zweifelsfrei feststeht, in der Sekunde einen Riesenberg an Problemen anzupacken und abzuarbeiten. In allererster Linie muss er die Parteigremien wachrütteln und bei ihrer sozialdemokratischen Verantwortung packen: Es kann nicht sein, dass so weitergewurschtelt wird, dass in entscheidenden Sitzungen nicht offen über Probleme diskutiert, die eigene Politik nicht offen hinterfragt wird.

Und es kann auch nicht sein, dass Führungspersönlichkeiten der SPÖ in Deckung gehen, sobald es schwierig wird – und der Person an der Spitze seelenruhig beim Scheitern zusehen. Damit die SPÖ, wie es Hans Peter Doskozils, aber auch Andreas Bablers Wunsch ist, wieder eine Stärke erlangt, bei der sie sich den Koalitionspartner aussuchen kann, müssen alle ihren Teil leisten.

Ideologischer Holzweg

Babler muss eilig auf die roten Länderchefs zugehen, die mehrheitlich für Doskozil eingetreten sind. Aber nicht nur auf sie: Auch die Wiener SPÖ, die erst nach dem Abgang Pamela Rendi-Wagners etwas zögerlich mehrheitlich auf Babler-Linie eingeschwenkt ist, braucht Angebote. Da ist nicht primär von Postenbesetzungen die Rede – wichtige Positionen gibt es als Oppositionspartei ohnehin nur wenige zu vergeben. Babler wird sich sehr bald inhaltlich erklären müssen.

Seine Aussagen über die EU – das "aggressivste Militärbündnis" – muss er plausibel erklären. Der bisherige Satz – "aus dem Zusammenhang gerissen, aber wir brauchen eine Sozialunion" – wird nicht reichen. Babler muss hier eingestehen, dass er auf dem ideologischen Holzweg war. Erst dann kann er darauf glaubwürdig seine Version eines besseren und gerechteren Europa aufbauen, für das es sich zweifellos zu kämpfen lohnt. Zudem muss er einen Schritt auf Österreichs Wirtschaftstreibende zugehen. Die haben von ihm bisher wenig Positives gehört. Das bringt auch rote Landeshauptleute in Schwierigkeiten, die ja stetig um Unternehmensansiedlungen werben, um in ihren Ländern Arbeitsplätze zu schaffen.

Das heißt nicht, dass Babler seine Träume, die er auf dem Parteitag skizziert hat, aufgeben muss. Aber er wird differenzieren und konkreter werden müssen. Und das rasch. Sonst folgt dem Gespött der freie Fall im Vertrauen der Wählerinnen und Wähler. (Petra Stuiber, 6.6.2023)