Justizministerin Alma Zadić und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler präsentierten am Mittwoch die Eckpunkte der Reform.
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Das Verbotsgesetz auf die "Höhe der 21. Jahrhunderts" bringen: Mit diesen Worten haben Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Mittwoch die Reform des Verbotsgesetzes in Begutachtung geschickt, wie sie am Rande des Ministerrats verkündeten. Was damit gemeint ist: Antisemitische Postings sollen künftig auch dann strafbar werden, wenn sie zwar im Ausland abgesetzt, aber in Österreich abgerufen werden. Generell gelte es hier, Lücken zu schließen, zeigten sich beide überzeugt.

Mit der Reform, die bereits im November 2022 im Zuge eines Berichts vorgestellt wurde, wolle man der historischen Verantwortung Österreichs gerecht werden. Dazu gehöre auch, dass in Sachen Antisemitismus und Rechtsextremismus das Prinzip "null Toleranz" gelten müsse, sagte Edstadler. Inhaltlich soll die Novelle wie schon im November angekündigt mehrere Verschärfungen bringen. Eine kurze Auffrischung:

  • Ausweitung der inländischen Gerichtsbarkeit: Derzeit gibt es keine behördliche Handhabe, wenn jemand etwa von einem spanischen Server aus den Nationalsozialismus verherrlicht. Das soll sich mit der Novelle ändern. "Wir ändern das Gesetz dahingehend, dass überall dort, wo die öffentliche Sicherheit betroffen ist, es auch eine inländische Gerichtsbarkeit gibt", sagte Zadić.
  • Einziehung von NS-Devotionalien: Künftig sollen Hakenkreuze und anderen NS-Devotionalien auch dann eingezogen werden können, wenn keine Verurteilung vorliegt. Bisher war ein Einziehen nur möglich, wenn Wiederbetätigung nachweisbar war. Bloßer Besitz ist nicht strafbar.
  • Auch "Teilleugnung" wird strafbar: Mit diesem Punkt soll die Verharmlosung von NS-Terror stärker geahndet werden. So soll etwa gegen das Tragen von gelben modifizierten Judensternen, wie es im Zuge der "Corona-Demonstrationen" stattfand, effektiver vorgegangen werden können. Dazu wird das "gröblich" aus dem Begriff "gröbliche Verharmlosung" im Verbotsgesetz gestrichen. Ein Ziel sei es, die Verurteilgungsquote bei Verstößen gegen das Verbotsgesetz zu erhöhen. 
  • Amtsverlust bei Verurteilung: Ein wesentlicher Punkt der Novelle ist der mit einer Verurteilung verbundene Amtsverlust. "Wer verurteilt ist, hat im Staatsdienst nichts zu suchen", sagte Zadić. Anlass dafür war das Bekanntwerden eines Falles im Bundesheer: Ein Unteroffizier durfte weiter im Heer tätig sein, obwohl er SS-Uniform getragen und mehrfach den Hitlergruß gezeigt hatte, wie der STANDARD berichtete.

Diversion bei Erwachsenen

Neben den Verschärfungen zielt die Reform auch auf die Diversion bei Erwachsenen ab. Man wolle versuchen, mit Tätern, die einen Fehler eingestehen, in einen Dialog zu kommen. "Sie sollen sehen, dass sie auf dem Holzweg sind", sagte Edtstadler. 

Eine Diversion soll es etwa dann geben, wenn es sich um minderschwere Fälle handelt, heißt es auf STANDARD-Rückfrage aus dem Justizministerium. Beispielsweise bei einmaligen Vergehen und Personen, "die noch keine gefestigte Gesinnung aufweisen". Mit einem einmaligen Besuch etwa in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen sei es aber nicht getan – hier solle es Workshops und Kurse für Täter geben, heißt es. 

Was diesem Schritt zugrunde liegt: Die Verurteilungsquote bei Verstößen gegen das Verbotsgesetz in Österreich ist niedrig. Denn in der Praxis dürfte Geschworenen ein Jahr Freiheitsstrafe häufig als überschießend vorkommen, wenn ihnen ein Angeklagter gegenübersitzt, der einmal etwa im Rahmen eines Fußballspiels den Hitlergruß gezeigt hat. Laut Ministerium sei hier das deklarierte Ziel, die Verurteilungsquote zu erhöhen – und auch für solche Fälle Möglichkeiten zu schaffen.

SPÖ solle sich "Ruck geben"

Doch ohne SPÖ oder FPÖ wird die Gesetzesnovelle noch warten müssen: Da das Verbotsgesetz im Verfassungsrang steht, braucht es eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Appelle an die "konstruktive Opposition" gingen daher von Zadić und Edtstadler am Rande des Ministerrats hinaus. Adressiert waren diese letztlich nur an die SPÖ, die aktuell auf Blockade setzt – so lange, bis die Regierung die Teuerung ordentlich angehe, wie es heißt. "Das ist aber ein Gesetz, das über parteipolitischem Taktieren stehen muss", sagte Zadić und fügte hinzu: Die SPÖ solle sich einen Ruck geben. (etom, 7.6.2023)