Geschlossene Unis, abgeschaltete Heizungen, Personalstopps und Demonstrationen von Studierenden und Lehrenden – das waren im Herbst die ersten Konsequenzen einer langen Debatte über das Budget der österreichischen Hochschulen. Wegen der Teuerung hatten die Unis einen Mehrbedarf von insgesamt 1,2 Milliarden Euro für 2023 und 2024 angemeldet. Erst gab es Zuschüsse von Finanz- und Bildungsministerium, dann einigte man sich darauf, dass die Unis die Mehrkosten selbst vorstrecken und dann abgegolten bekommen.

Demonstrationen gegen die Budgetlücke im Dezember.
APA/HELMUT FOHRINGER

Nun stehen erneut Budgetdebatten an. Nämlich müssen bis Ende Oktober die Uni-Gelder für die Periode von 2025 bis 2027 verhandelt sein. Um den Status Quo in Zukunft zu halten, müsse man den Inflationsausgleich dazurechnen, sagt Sabine Seidler, Präsidentin der Universitätenkonferenz (Uniko) und Rektorin der TU Wien. Für die aktuelle Finanzierungsperiode von 2022 bis 2024 hätten die Unis – mitsamt teuerungsbedingten Mehrkosten – ein Budget von rund 13,58 Milliarden Euro. Für die kommenden Jahre wären es laut aktuellen Schätzungen rund 16 Milliarden Euro. Und wolle man die von der Regierung gesteckten Hochschulziele erreichen – etwa bessere Betreuungsrelationen oder das Aufrücken zweier Unis im THE-Hochschulranking – wären zusätzlich rund 1,4 Milliarden Euro pro Jahr nötig. Insgesamt fordert die Uniko damit rund 20 Milliarden Euro bis 2027.

Österreichs Unibudget in europäischem Mittelfeld

Als Argument für eine Budgeterhöhung zieht Seidler neben Teuerung und Regierungsprogramm auch die am Dienstag präsentierte Studie "Ausgaben und Finanzierung von Universitäten im internationalen Vergleich" heran. Im Auftrag der Uniko verglich das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) die Finanzierung österreichischer Unis mit vergleichbaren Einrichtungen sogenannter starker Innovationsländer. Dafür wurden neue Daten aus dem Europäischen Tertiären Bildungsregister (ETER) herangezogen. Und dann bereinigt, um die unterschiedlichen Preisniveaus in den einzelnen Staaten, die geringere Prüfungsaktivität in Österreich sowie um die eigenen Medizin-Unis hierzulande, die statistisch mit anderen Unis zu "Volluniversitäten" verschmolzen wurden. Damit können nun erstmals einzelne Hochschulen in Europa miteinander verglichen werden.

Das Ergebnis: Österreich liegt beim BIP pro Kopf – für Uniausgaben – im Durchschnitt der führenden Innovationsländer und bei der Forschungsquote sogar auf einem Niveau mit der Schweiz – eines der Spitzenländer. Bei den Ausgaben pro Studierendem fällt Österreich aber deutlich ab. Das liegt einerseits an der starken Industrieförderung über Maßnahmen wie der Forschungsprämie, andererseits an den hohen Studierendenzahlen. "Die Ausgaben für Industrieförderungen sind rekordverdächtig, während die Ausgaben für Universitäten in Bezug auf relevante Vergleichsländer ausgesprochen bescheiden sind. Das ist schrecklich kurzsichtig", sagt Uniko-Vizepräsident Oliver Vitouch.

Konkret bewegen sich die durchschnittlichen Ausgaben der österreichischen Unis pro Studierendem im unteren bis mittleren Bereich der Vergleichsländer und circa zwanzig Prozent unter dem Durchschnitt der untersuchten Spitzen-Unis. Betrachtet man aber einzelne Unis, sind die Unterschiede wesentlich größer. So gibt beispielsweise die Universität Oxford um sechs Mal mehr Geld pro Studierendem aus als die Uni Wien. An der Uni Zürich sind es um 122 Prozent mehr, an der Uni Kopenhagen um 57 Prozent, an der Uni Amsterdam um 35 Prozent, an der Uni Helsinki um 31 Prozent und an der Uni München um 22 Prozent mehr. Lediglich die Uni Uppsala in Schweden wendet um elf Prozent weniger auf als die Uni Wien.

Mehr Ausgaben notwendig

Das schlägt sich laut den Studienautoren in der Forschungsleistung und der Betreuungsrelation der hiesigen Unis nieder. Für eine Verbesserung hält Wifo-Studienautor Jürgen Janger höhere Ausgaben für unabdingbar. "Die Unis können durch strukturelle Reformen den Mangel an Geld nicht ganz kompensieren." Natürlich könne man mit Reformen, etwa bei der Prüfungsaktivität der Studierenden, die Effizienz steigern, aber wenn Österreichs Unis Spitzenplätze erzielen  sollen, brauche es zusätzliche "signifikante Ausgabensteigerungen". Erschwerend komme die hohe Inflation hierzulande dazu. 

Denn derzeit seien die Lern- und Arbeitsbedingungen für Spitzenstudierende und Spitzenforschende im Ausland deutlich besser, resümiert Janger. Das sehe man klar in den Studienzahlen. Für Uni-Wien-Rektor Sebastian Schütze zeige sich, dass Österreich "insgesamt ein Problem hat, sich als führendes Innovationsland für Forschung zu positionieren". Klarerweise hätten die Rektoren ein Interesse, ein gutes Budget zu haben, aber letztlich gehe es um den Wirtschaftsstandort und die Zukunft Österreichs. (Selina Thaler, 7.6.2023)