Es ist ein Scherz, den sich Microsoft über viele Jahre hinweg gefallen lassen musste: "Edge ist jener Browser, mit dem die Nutzer Chrome herunterladen", war lange eine zwar bitterböse, aber mit dem Blick auf die weltweiten Verbreitungszahlen auch nicht ganz falsche Charakterisierung. Zuletzt hat sich der Microsoft-Browser aber – ironischerweise auf Basis des Google-Codes aus dem Chromium-Projekt – wieder einige neue Fans erarbeitet.

Microsoft-CEO Satya Nadella würde Chrome-User mit offenen Armen aufnehmen – selbst wenn diese das gar nicht wollen.
AP

Mit dem Wachstum offenbar noch nicht zufrieden, greift das Unternehmen dabei zuletzt aber – wieder – verstärkt zu zweifelhaften Methoden, um Google-User für sich zu gewinnen. Einen neuen Tiefpunkt hat dabei nun "The Verge" entdeckt.

Dick aufgetragen

Microsoft manipulierte demnach die neue Bing-KI, um bei der Suche nach dem Begriff "Chrome" Werbung in eigener Sache zu betreiben. Statt Informationen zum Google-Browser zu bekommen, bekamen viele User eine im Stil des Bing-Chatbots gehaltene Antwort zu sehen, in der die Vorzüge der Microsoft-Suchmaschine herausgestrichen wurden.

Doch was so aussieht wie eine Antwort der auf GPT-4 basierenden Microsoft-KI, stellte sich schnell als simple Werbung heraus. Alle Nutzer bekamen den exakt gleichen Text geliefert, als Werbung gekennzeichnet war das nicht. Wer Chrome herunterladen wollte, musste also zunächst einmal eine gesamte Seite scrollen, bis der reale Link zu finden war.

Ein Screenshot von "The Verge" hält die Microsoft-Manipulation fest.
The Verge

Rückzieher

Damit konfrontiert, reagierte Microsoft etwas kleinlaut: Es handle sich nur um ein Experiment, das man infolge des negativen Feedbacks auch schon wieder beendet habe.

Ob man sich mit solchen "Experimenten" Freunde macht, ist allerdings eine andere Frage. Immerhin steigert das im konkreten Fall nicht gerade das Vertrauen in solche KI-Systeme, wenn sie gezielt – und ohne Kennzeichnung – für Werbezwecke manipuliert werden. Bei "The Verge" wirft man zudem die Frage auf, ob das Ganze auch dann "nur ein Experiment" geblieben wäre, wenn man dieses Verhalten nicht in einem Artikel öffentlich gemacht hätte.

Gewohnte Tricks

Ganz neu sind solch zweifelhaften Methoden freilich nicht, und auch andere Hersteller nutzen ähnliche Gelegenheiten immer wieder, um eigene Software zu bewerben. Über die Jahre hat das aber niemand dermaßen aggressiv betrieben wie Microsoft. Mit immer neuen Tricks versucht das Unternehmen, unwillige Windows-User zur Nutzung von Edge und Bing zu bringen. So wird auch bei der konventionellen Suche nach Chrome schon länger eine Edge-Werbung angezeigt, diese nimmt aber im Vergleich zur KI-Antwort zumindest relativ wenig Platz ein. (apo, 7.6.2023)