Kühlung AKW Saporischschja
Wasser schießt aus Sprinklern einer Wasserleitung, die zu den Kühltürmen des AKW Saporischschja führt. Die Anlage ist Teil des essenziellen Kühlsystems des Atomkraftwerks. Durch den Dammbruch müssen andere Wege der Wasserversorgung genutzt werden.
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Seit dem Dammbruch von Kachowka am Dienstagmorgen sinkt das Wasserlevel des Stausees zwar kontinuierlich. Dennoch bleibt es vorerst bei einer Entwarnung, was die Sicherheit des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja betrifft. Es gebe kein akutes Risiko, dass die Kühlung des AKW nicht aufrechterhalten werden könne, sagte Rafael Grossi, der Chef der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA).

Sollte der Stausee oberhalb des zerstörten Damms auf ein Level von unter 12,7 Metern sinken, könnten die Kühlreservoirs des AKW nicht mehr daraus gespeist werden. Dieses Level dürfte innerhalb der nächsten Tage erreicht werden. In diesem Fall könne aber auf mehrere alternative Kühlsysteme umgestellt werden.

Ein großes Kühlbecken, das über dem Staudammlevel liegt, sei derzeit ausreichend gefüllt, um das Kraftwerk für mehrere Monate zu versorgen, sagte Grossi. Darüber hinaus können Sprinkler, weitere Becken und Kanäle am Kraftwerksgelände genutzt werden. Bei Bedarf könne außerdem auf eine nahegelegene tiefe, wassergefüllte Grube zurückgegriffen werden. Nach der nuklearen Katastrophe von Fukushima im Jahr 2011 habe die Ukraine Stress-Tests durchgeführt. Dabei sei unter anderem das Szenario eines Dammbruchs durchgespielt worden.

Heißer Atommüll

Obwohl die sechs Reaktoren des AKW Saporischschja infolge des russischen Angriffskriegs seit nunmehr neun Monaten abgeschaltet sind, ist die Kühlung der Kernreaktoren und der Brennstoffe weiterhin essenziell, wie der Radioökologe Georg Steinhauser von der TU Wien betont. "Man kann die Kernspaltung unterbinden, aber der Zerfall der radioaktiven Elemente, die dabei entstanden sind, lässt sich nicht stoppen. Der Atommüll erzeugt nach wie vor Hitze." 

Typischerweise würden Brennelemente nach dem Entladen aus dem Reaktor noch fünf Jahre im Abklingbecken gekühlt. "Die Hitzeentwicklung nimmt mit dem Zerfall der radioaktiven Stoffe exponentiell ab, das Problem wird also immer kleiner", sagt Steinhauser. Auch die Reaktoren strahlen noch Resthitze aus.

Kühlteich muss intakt bleiben

Nachdem die Versorgung mit Kühlwasser zumindest vorerst sichergestellt zu sein scheint, bereitet dem Experten eher Sorge, dass die Stromversorgung in der Region zusammenbrechen könnte und somit Pumpen für das Kühlwasser nicht mehr so leicht betrieben werden können. Die größte Gefahr sei, dass sich die Frontlinie über das AKW hin verschieben könnte. "Der Kühlteich darf derzeit nicht beschädigt werden", sagt Steinhauser. Das unterstreicht auch IAEA-Chef Grossi, der alle Seiten dazu aufrief, dafür zur sorgen, dass der Kühlteich intakt bleibt.

"Das AKW Saporischschja war auf Ereignisse wie dieses vorbereitet", sagt Grossi. "Aber natürlich macht das eine schwierige und unvorhersehbare Sicherheitssituation noch schwieriger." Bei seiner nächsten Mission zum von Russland besetzten AKW Saporischschja nächste Woche will sich Grossi selbst ein Bild von der Lage machen. (Karin Krichmayr, 7.6.2023)