Kika/Leiner ist in einer Einbahn Richtung Insolvenz unterwegs
Sowohl an den fast 2.000 Gekündigten als auch an den 23 Standorten von Kika/Leiner herrscht reges Interesse.
APA/EVA MANHART

Zuletzt ging alles rapidissimo: Kaum war René Benkos Signa die Möbelhandelskette Kika/Leiner losgeworden, nahmen die Dinge ihren Lauf. Vorige Woche war der Verkauf der Immobilien an die Supernova-Gruppe von Frank Albert und jener des operativen Geschäfts an Handelsexperten Hermann Wieser vollzogen, diesen Mittwoch räumte der neue Eigentümer ein, dass er einen Insolvenzantrag stellen werde. Das wird nächste Woche in St. Pölten geschehen, wo die Leiner & Kika Möbelhandels GmbH ihren Sitz hat.

Angestrebt ist ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung, die Eckpunkte des Sanierungsplans, der dann genehmigt werden muss, sind bereits bekannt: 1.900 von 3.900 Beschäftigten werden gekündigt, 23 von 40 Standorten Ende Juli geschlossen. Sie werden verkauft, Näheres weiter unten.

Offene Stellen im Handel

Als Grund für die extreme Schieflage der Gruppe nannte Wieser wie berichtet Altlasten, man habe die Gruppe mit einem Verlust von 150 Millionen Euro übernommen, hieß es am Mittwoch in einer Aussendung. Um die fast 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzte freilich sogleich ein heftiges Werben ein. Im österreichischen Handel gibt es derzeit rund 20.000 offene Stellen, allein in den Sparten Möbel-Textil-Teppich sind es rund 1.700, weiß der Chef des Arbeitsmarktservice (AMS), Johannes Kopf.

Allein Lutz suche derzeit 500 Leute, in Oberösterreich, von wo Kika/Leiner völlig verschwindet, könne man laut der dortigen AMS-Chefin die meisten Betroffenen "sehr, sehr rasch" unterbringen, sagte Kopf zum STANDARD.

Kika/Leiner hat angekündigt, eine Jobplattform online zu stellen, schon davor haben Lebensmittelketten wie Spar, Rewe oder Lidl allen Gekündigten Jobs offeriert. Bauhaus umwarb die Leute mit einer zusätzlichen, sechsten, Urlaubswoche, und auch die Post, die 800 Leute sucht, tat ihr Interesse an der Möbelhaus-Belegschaft kund. Sollten nicht alle Beschäftigten im Handel untergebracht werden können, werde das AMS ihnen Umschulungen für Greenjobs, Pflege und Digitalisierung anbieten.

"Benko war kein Familienvater"

Belegschaftsvertreter äußerten in ihren Wortmeldungen harsche Kritik an Benko. Einer von ihnen beschrieb es am Mittwoch im Ö1-Mittagsjournal so: Benko habe immer gesagt, man sei eine Familie und alle säßen in einem Boot – aber "er war kein Familienvater und das Boot war nicht für Kika/Leiner gedacht, sondern für etwas anderes".

Und wie geht es nun weiter? Am Dienstag soll der Insolvenzantrag gestellt werden, dann wird eine Masseverwalterin oder ein Masseverwalter bestellt. Voraussetzung ist, dass 20 Prozent der Schulden (laut STANDARD-Infos rund 300 Millionen Euro) binnen zwei Jahren zurückbezahlt werden können und die Mehrheit der Gläubigerinnen und Gläubiger dem Sanierungsplan zustimmt.

Standorte werden einzeln verwertet

Dessen Hauptpfeiler sind der Mitarbeiterabbau und die Verwertung der geschlossenen Standorte durch Supernova. Ihr Eigentümer und Chef, Albert, erklärte dem STANDARD, dass die nun einzeln verwertet werden; die entsprechende Präsentationsmappe, in der die Interessenten dann gustieren können, gibt es schon. Zunächst müssten die Geschäfte vom neuen Eigentümer (also Wieser) besenrein gemacht werden, danach werde er, abhängig von den Interessenten, die Standorte verkaufen oder vermieten. Interesse gebe es etwa von Möbelhaus-Ketten und kleineren Möbelhändlern, aber auch von den großen Lebensmittelhändlern wie Spar oder Rewe. Auch Ikea werde die Präsentationsmappe bekommen, so Albert, der sagt, dass sich auch Nachbarn von auf der Schließungsliste genannten Standorten melden.

Seine Supernova ist auf die Entwicklung und Vermietung von Fach- und Shoppingzentren spezialisiert, in Österreich und (Süd-)Osteuropa. 2015 hat Supernova bereits einen ähnlichen Deal abgewickelt, damals hat sie die insolvente Baumax-Gruppe erworben. Die meisten Standorte hat Supernova damals an Baumarkt-Betreiber Obi vermietet, den Rest an Hagebau und andere Geschäftspartner. So ein Verkauf beziehungsweise eine Vermietung in Bausch und Bogen wird es laut Albert diesmal aber nicht spielen. Dennoch ist der Deutsche mit Wohnsitz in Österreich überzeugt, die Kika/Leiner-Immobilien bis Oktober oder November verkaufen zu können. Albert: "In zwei bis drei Wochen werden wir im Wesentlichen wissen, wer welche Standorte möchte." (Renate Graber, 8.6.2023)