Taliban, Kabul.
Alltag in Kabul.
AP/Rodrigo Abd

Kabul - Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft den in Afghanistan regierenden Taliban eine kollektive Bestrafung von Zivilisten sowie weitere Kriegsverbrechen in der Provinz Panjir vor. Neben willkürlichen Massenverhaftungen seien auch Hinrichtungen, Folter und das Niederbrennen von Wohnhäusern dokumentiert, hieß es in einem Bericht von Donnerstag.

Das gezielte Vorgehen gegen Zivilisten und die kollektive Assoziierung mit dem Widerstand gegen die Taliban führe zu "weit verbreitetem Elend und Angst" in Panjir, so Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International.

Die rund 170.000 Einwohner zählende Provinz Panjir nördlich von Kabul gilt traditionell als Hochburg des Widerstands gegen die Taliban. Umso größer war der Rückschlag für alle Taliban-Gegner, als die neuen Machthaber das Tal mit seinem steilen und schroffen Gebirge im September 2021 doch einnehmen konnten. Das Panjir-Tal gilt auch als Geburtsort der Widerstandsgruppe NRF.

Ausgangssperre und Eigentum beschlagnahmt

Laut Amnesty haben sich nach der Machtübernahme der Taliban auch Soldaten der ehemaligen afghanischen Armee der NRF angeschlossen. Als Reaktion gingen die Taliban nicht nur gegen Kämpfer, sondern auch gegen die Zivilbevölkerung in der Provinz vor. Auch hätten die militanten Islamisten eine abendliche Ausgangssperre eingeführt. Schäfern sei es an vielen Orten in Panjir nicht mehr erlaubt, ihre Tiere grasen zu lassen.

Weitere Maßnahmen gegen die Zivilbevölkerung seien die Zerstörung und Beschlagnahmung von Eigentum sowie Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Die Taliban weisen Kritik wegen Verstößen gegen grundlegende Menschenrechte in der Regel als "Propaganda" zurück.

Zudem schreibt Amnesty in seinem Bericht: Bereits vor der Machtübernahme der Taliban in 2021 war die afghanische Bevölkerung zahlreichen Menschenrechtsverbrechen ausgesetzt. Diese Situation würde sich nun fortsetzen. Die Vereinten Nationen müssten eine Möglichkeit schaffen, Verbrechen in Afghanistan durch eine internationale und unabhängige Partei zu dokumentieren, Beweise aufzubewahren und die Verantwortlichen schließlich zur Rechenschaft zu ziehen. (APA, 8.6.2023)