Wien - Noch heuer will die Regierung ein Modell präsentieren, mit dem die Treffsicherheit bei finanziellen Hilfen des Staates erhöht werden soll, bekräftigt Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) in einem Interview mit der "Presse". Mit der Verknüpfung von Melde- und Steuerdaten sollen Einkommensverhältnisse transparenter werden. Brunner hat auch einen neuen Vorschlag zur Behaltefrist von Aktien - zehn Jahre.

Genauere Einkommensdaten nötig

"Es geht darum, genauere Einkommensdaten der einzelnen Haushalte zu bekommen", bekräftigte Brunner im Zeitungsinterview. Die habe man zwar, aber in verschiedenen Datenbanken, erinnert er. "Wir haben die individuellen Steuerdaten, aber nicht die Haushaltsdaten." Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP) arbeitet an einer Lösung, um die verschiedenen Datenbanken zusammenzuführen und die Daten individuell zu verknüpfen.

Die "perfekte Lösung" wäre laut Brunner, genau zu wissen, wie viele Personen in einem Haushalt wie viel verdienen. So könnten dann könnten so zielgerichtet wie möglich finanzielle Hilfen aufgesetzt werden. "Was wir für die Zukunft lernen müssen, ist, mehr Treffsicherheit zu schaffen. Weg von der Gießkanne."

Corona-Hilfen? "Im Rückspiegel der Geschichte leicht zu bewerten"

Zum kürzlichen Rechnungshof-Bericht, wonach bei den Corona-Hilfen in der Landwirtschaft und bei den Privatzimmer-Vermietern überfördert wurde, sagt Brunner der "Presse": "Im Rückspiegel der Geschichte ist das immer leicht zu bewerten. Die Hilfen an die Unternehmen mussten damals schnell ausbezahlt werden, es gab damals auch viel Kritik, wenn etwas zu lang gedauert hat." Die schnelle Hilfe sei wichtig gewesen.

Eine Möglichkeit, Überförderungen zurückzufordern, sieht der ÖVP-Politiker nicht. "Wenn man sich an die Regeln und die Vorschriften gehalten hat, dann geht das nicht." Die Finanzämter würden bei Betriebsprüfungen aber einen Schwerpunkt auf mögliche Verstöße gegen die Förderrichtlinien legen und diesbezüglich "recht streng" sein.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP)
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) will Staatshilfen treffsicherer verteilen.
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Bei der Frage danach, ob es gescheiter gewesen wäre, die Energiepreise staatlich zu regulieren, um so Zweitrundeneffekte aufgrund der gestiegenen Energiekosten zu verhindern, argumentiert Brunner ähnlich wie bei Überförderungen: "Das ist im Nachhinein eine interessante Diskussion. Unser Ziel war es, den Menschen direkt zu helfen und nicht in die Märkte einzugreifen, wie auch die meisten Experten uns rieten."

"Noch immer zuversichtlich" bei Behaltefrist von Aktien

Einen neuen Vorstoß macht Brunner im "Presse"-Gespräch bei der Wiedereinführung der Behaltefrist von Aktien. Der Punkt steht zwar im Regierungsprogramm, die Grünen waren diesbezüglich bisher aber nicht gesprächsbereit. Nun schlägt der Finanzminister eine Behaltefrist von zehn Jahren vor, damit Gewinne und Dividenden aus einem Aktienportfolio steuerfrei sind. Es gehe um ein Vorsorgedepot mit einer Einlage in zu bestimmender Höhe, mit dem aktiv gearbeitet werden kann. Solang Gewinne und Dividenden reinvestiert werden, fällt keine Kapitalertragsteuer an.

Die Zehnjahresfrist soll aber gekürzt werden können, wenn der Inhaber des Depots in Pension geht oder wenn er eine Immobilie anschaffen will, schreibt die Zeitung. Man werde darüber nun mit dem Koalitionspartner verhandeln. Was eine Lösung und Umsetzung noch in dieser Legislaturperiode betrifft, sei er "noch immer zuversichtlich".

Bei der Inflation mahnt der Finanzminister die Bundesländer, Gebühren einzufrieren, wie das auch der Bund gemacht habe. Das wirke inflationsdämpfend. Insgesamt bewertet der Finanzminister die Maßnahmen des Bundes gegen die Inflation einmal mehr positiv: "Unsere Maßnahmen waren erfolgreich, weil die Kaufkraft in Österreich höher ist als in anderen Ländern, das Wachstum ist höher, das reale Haushaltseinkommen ist höher", sagt er der "Presse". (APA, 8.6.2023)