Ralf Rangnick im Training mit Österreichs Fußball-Nationalteam
Ralf Rangnick trägt das Burgenland auf dem Rücken und vielleicht im Herzen, aber er steht auf Oberösterreich.
APA/Reinhard Eisenbauer

Hoher Besuch mag ein wenig übertrieben sein, aber Oberösterreichs türkiser Wirtschafts- und Sportlandesrat Markus Achleitner hat am Montag in Windischgarsten vorbeigeschaut. Natürlich hat er im Teamquartier Resort Dilly eine Pressekonferenz gegeben, Politiker scheuen die Öffentlichkeit nur im äußersten Notfall. Er strahlte wie ein hochgefahrenes Atomkraftwerk, betonte die Schönheit der Gegend, für die er nichts kann. Und äußerte seine Freude darüber, "das österreichische Nationalteam hier zu haben". Übrigens schon zum zweiten Mal, im März wurde ja gegen Aserbaidschan und Estland im damals nigelnagelneuen Linzer Stadion gespielt und 4:1 bzw. 2:1 gewonnen. "Alle waren voll des Lobes", sagte Achleitner. "Wir werden uns dem ÖFB weiter anbieten und mit ihm zusammenarbeiten."

Fernsehbilder

Der ÖFB ist der österreichische Fußballbund. Einer seiner Topsponsoren (das ist die zweite Kategorie nach den Premier-Sponsoren) ist das Burgenland, der Name ist auch auf die Dressen gedruckt. Seit nun 26 Jahren ist man einander treu, ein Ende der Partnerschaft ist nicht in Sicht. ÖFB-Wirtschaftsgeschäftsführer Bernhard Neuhold lobt "die perfekte Zusammenarbeit". Dietmar Tunkel, der Geschäftsführer des Burgenland-Tourismus, bestätigt das. "Es ist eine sehr befruchtende Beziehung." Allerdings kommen die Fernsehbilder und die Berichterstattung schon wieder aus Oberösterreich.

Hans Niessl, er war bis vor vier Jahren Landeshauptmann im Burgenland, hat "auch nur gute Erfahrungen gemacht". In seiner Zeit gab es eine Klausel, die besagte, dass sich zumindest einmal im Jahr das Männernationalteam beim Topsponsor vorzubereiten hat. Bad Tatzmannsdorf ist nahezu alternativlos. Diese Klausel ist gestrichen, bestätigt Tunkel. "Beim A-Team entscheidet ausschließlich die Abteilung Sport." Teamchef Ralf Rangnick hat sich offenbar in Windischgarsten verknallt. Der ÖFB entsendet andere Auswahlen ins Burgenland, die Frauen, die U21 et cetera. Und zahlt den Quartiergebern einen sechsstelligen Betrag (ca. 200.000 Euro). Tunkel: "Dem Hotelier ist es völlig egal, ob Alaba oder ein Nachwuchskicker in seinem Zimmer schläft. Das Geld ist das gleiche."

Sponsorenverträge unterliegen generell dem Stillschweigen, der ÖFB dürfte vom Burgenland rund 600.000 Euro pro Jahr kassieren. Er stellt natürlich als Zuckerl einen Haufen VIP-Tickets zur Verfügung. Neuhold: "Aber es ist unser Ziel, uns einmal im Jahr mit dem A-Team im Burgenland vorzubereiten."

Vater Alaba

Rangnicks Ziel ist es, in den EM-Qualifikationsspielen am 17. Juni in Brüssel gegen Belgien und am 20. Juni in Wien gegen Schweden zu bestehen. Optimal wären logischerweise sechs Punkte. David Alaba ist am Montagvormittag als frischgebackener, nun zweifacher Vater aus München per Auto kommend in Windischgarsten eingetroffen. Er, der sein 100. Länderspiel vor den Beinen hat, sowie die angeschlagenen Marcel Sabitzer und Kevin Danso übten individuell. Der Ausfall des belgischen Topstars Kevin De Bruyne war natürlich ein Thema. Das ist ungefähr so, als müsste Weltmeister Argentinien auf Lionel Messi verzichten. Oder Conference-League-Qualifikant Rapid auf Guido Burgstaller.

Konrad Laimer 
Laimer hat mit Österreich und den Bayern Ziele.
APA/Hochmuth

Mittelfeldmotor Konrad Laimer, die neue Kraft von Bayern München ("Das höchste Ziel für mich, ich wollte nach sechs Jahren Leipzig eine Veränderung, bin froh, in München spielen zu dürfen"), und Innenverteidiger Philipp Lienhart, die ewige Konstante in Freiburg ("Ich fühle mich dort einfach sehr wohl, man kommt kontinuierlich vorwärts, es werden keine verrückten Sprünge gemacht"), wurden zum Medientermin beordert.

Wer Belgien fehlt

Natürlich brüllten die beiden 26-Jährigen, angesprochen auf Kevin De Bruynes Abwesenheit, nicht laut "Hurra", das wäre ja ein Fall von grober Unsportlichkeit. Lienhart: "Es ist sicher kein Nachteil für uns. Aber sie haben auch andere, richtig gute Spieler, um die man sich kümmern muss." Laimer ergänzte: "Schade für ihn, man misst sich gerne mit absoluten Weltklassefußballern, deshalb wird man ja Profi. Belgien fehlt was." Die Vorfreude auf die Partie in Brüssel, auch da herrschte Einigkeit, sei groß. "Man spürt sie im Training."

Am 7. September testet Österreich übrigens gegen die Republik Moldau. Zu 99,9 Prozent in Linz. Die Vorbereitung findet zu 99,9 Prozent in Windischgarsten statt. Die Chancen des Burgenlandes liegen somit bei 0,1 Prozent. Immerhin hat es Hans Peter Doskozil nicht an die Bundes-SPÖ verloren. Herr Achleitner sagte noch: "Die Medienpräsenz ist unbezahlbar." Neuhold geht fest davon aus, "irgendwann wieder im Burgenland zu sein". Herr Tunkel gibt zu: "Das wäre sehr schön." (Christian Hackl, 12.6.2023)