Greta Thunberg demonstrierte mit Aktivistinnen und Aktivisten am Montag gegen die afrikanische Ölpipeline EACOP, an deren Bau ein österreichisches Unternehmen beteiligt ist.
Greta Thunberg demonstrierte mit Aktivistinnen und Aktivisten am Montag gegen die afrikanische Ölpipeline EACOP, an deren Bau ein österreichisches Unternehmen beteiligt ist.
EPA/Benjamin Westhoff

Isoplus hat sich Nachhaltigkeit groß auf die Fahnen geschrieben. Das niederösterreichische Unternehmen, das sich auf die Isolierung von Pipelines spezialisiert hat, will bis 2024 99 Prozent seines Umsatzes mit Fernwärmeprodukten generieren. Niederlassungen in Kuwait und Nigeria, die im Öl- und Gasgeschäft tätig sind, wurden geschlossen. Aufträge "zur Förderung, dem Transport oder der Weiterverarbeitung fossiler Energieträger werden nicht mehr angenommen", heißt es auf Anfrage.

Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg und die ugandische Klimaaktivistin Patience Nabukalu nahmen am Monta an einer Demonstration von „Fridays for Future“ in Bonn teil.
AFP

Im Portfolio von Isoplus gibt es aber einen schwarzen Fleck, wie Fridays For Future bei einer Demonstration am Unternehmensstandort in Hohenberg kürzlich lautstark kritisiert hat. Eine Pipeline mit insgesamt 1.400 Kilometern Länge soll künftig Öl vom Albertsee in Uganda durch Tansania an den Indischen Ozean bringen – und Isoplus soll einen großen Teil der Strecke isolieren. 

Die umstrittene East African Crude Oil Pipeline (EACOP) sei ein "besonders klimaschädliches Projekt", betonen die Aktivistinnen und Aktivisten und fordern den Ausstieg des Unternehmens. Das sei jedoch nicht möglich, kontert Isoplus: Man würde den Auftrag heute so nicht mehr annehmen, aber der Vertrag für das Joint Venture sei mit mehreren weiteren Unternehmen bereits 2015 abgeschlossen worden. Ein nachträglicher Ausstieg würde Schadenersatzansprüche auslösen. Laut Isoplus wäre das für das Unternehmen existenzgefährdend.

Problematische laufende Verträge

Isoplus ist nur eines von vielen Unternehmen, die sich – zumindest ihrer Unternehmensstrategie zufolge – nachhaltig ausrichten wollen, aber nach wie vor an fossile Projekte gebunden sind. Die deutliche größere OMV, die ihren Fokus auf das Chemiegeschäft legen will, investierte noch vor wenigen Jahren in Gasfelder und schloss 2018 eine jahrzehntelange Liefervereinbarung mit dem russischen Gasunternehmen Gazprom ab. "Bleiben alle existierenden Firmenverträge aufrecht, sind die Klimaziele unerreichbar", warnt Fridays for Future.

Bisher schreckt der Staat jedoch weitestgehend davor zurück, in bestehende Verträge einzugreifen. Die EU versucht vielmehr durch die Bepreisung von CO2 darauf hinzuwirken, dass sich fossile Projekte mittelfristig nicht mehr rentieren. Bei Projekten, die europäische Unternehmen im Ausland durchführen, hat die EU allerdings wenig Handhabe, erklärt Daniel Ennöckl, Professor und Experte für Umweltrecht an der Universität für Bodenkultur Wien im Gespräch mit dem STANDARD.

Die Klimaziele der EU und jene im Pariser Abkommen verpflichten Staaten und nicht einzelne Unternehmen. Die Politik muss deshalb mit Gesetzen auf das Verhalten von Unternehmen einwirken. "Es ist jeweils Sache des jeweiligen Staates, welche Projekte er bewilligt", sagt Ennöckl. Die EU kann einem europäischen Unternehmen, das in afrikanischen Staaten klimaschädliche Projekte durchführt, also keine Auflagen erteilen. "Es ist vielmehr eine Frage der Ethik und Moral, ob es vernünftig ist, derartige Projekte zu betreiben", betont der Verfassungsrechtler.

Hebel über private Klagen?

Dass es in Ausnahmefällen dennoch rechtliche Möglichkeiten gibt, gegen klimaschädliche Projekte im Ausland vorzugehen, zeigt der Fall Shell. Im Jahr 2020 zogen mehrere Umweltorganisationen gegen das niederländische Ölunternehmen wegen seiner globalen Aktivitäten vor Gericht. Das Bezirksgericht Den Haag gab den Umweltschützern in erster Instanz recht und verpflichtete Shell dazu, seinen Treibhausgasausstoß in den nächsten Jahre stark zu reduzieren. Der Ausgang des Verfahrens ist nach einer Berufung des Unternehmens noch offen.

Ein ähnliches Verfahren sorgte zuletzt auch in Deutschland für Aufsehen: Ein peruanischer Bauer, der von den Auswirkungen des Klimakrise betroffen ist, klagte den deutschen Energiekonzern RWE. Die Erfolgsaussichten schätzen Fachleute aber als gering ein. Sowohl im deutschen als auch im österreichischen Recht ist vor allem der Nachweis der sogenannten Kausalität schwierig. Wer Schadenersatz verlangt, muss nachweisen können, dass ein bestimmtes Unternehmen den Schaden verursacht hat. Im Fall der Klimakrise lässt sich vor Gericht jedoch stets damit argumentieren, dass nicht einzelne Unternehmen allein dafür verantwortlich sind.

Gamechanger Lieferkettengesetz?

Ein Gamechanger für das Treiben europäischer Unternehmen im Ausland könnte das sogenannte Lieferkettengesetz werden. Die Richtlinie, die derzeit auf EU-Ebene verhandelt wird, verpflichtet Unternehmen ab einer bestimmten Größe dazu, ihre Zulieferbetriebe auf die Einhaltung von Umweltstandards und Menschenrechten zu kontrollieren. Im Fall eines Verstoßes sollen sie selbst zur Verantwortung gezogen werden können.

Die Richtlinie könnte dafür sorgen, dass europäische Unternehmen stärker darauf achten, wie ihre Tochtergesellschaften im Ausland produzieren. "Sobald ein Unternehmen eines EU-Staats wie Österreich Teil der Wertschöpfungskette ist und Gewinne nach Europa fließen, ist das Lieferkettengesetz anwendbar", erklärt Stefan Adametz, Rechtsanwalt bei FWP. "Die Ware selbst muss Österreich nicht sehen." Ist die Regelung anwendbar, müssen Unternehmen in ihrer gesamten Lieferkette dafür sorgen, dass Standards eingehalten werden, in den eigenen Werken und in Werken von Tochterfirmen.

Fraglich ist nach wie vor, welche Unternehmen ab welcher Größe an die Verpflichtungen gebunden sind. Nach dem ersten Vorschlag der Europäischen Kommission liegen nun Gegenvorschläge des EU-Rats und des EU-Parlaments vor. Die Verhandlungen sind in vollem Gange. (Jakob Pflügl, 13.6.2023)