Was hat die Siemens AG dazu motiviert, sich um die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden zu kümmern?

Laura Schoierer: Gesundheit, auch mentale Gesundheit, ist schon lange ein wichtiges Thema bei Siemens. Die Mitarbeitenden können auf ein breites Angebot zurückgreifen, von Sportprogrammen über Entspannungsangebote und Online-Inhalten zum Thema Stressmanagement ist alles dabei. Bei EAP (Employee Assistance Program) haben wir uns mit Mavie bewusst für einen externen Partner entschieden, der in vielen Bereichen Expertise besitzt.

Laura Schoierer, Gesundheitsmanagerin Siemens AG Österreich
Siemens

Mentale Gesundheit ist für viele immer noch ein Tabu. Welche Erfahrung haben Sie bei der Einführung von EAP gemacht?

Wie wichtig es ist, das Thema gut zu kommunizieren. Wir haben eine interne Kampagne ins Leben gerufen, um die Berührungsängste abzubauen. Das Ziel war, möglichst niederschwellig zu vermitteln, bei welchen Belastungen Mavie konkret helfen kann – zum Beispiel beim Umgang mit einer persönlichen Krise oder bei Schlafproblemen.

An den Beratungen können auch Familienangehörige teilnehmen. Warum ist Ihnen das wichtig?

Psychische Gesundheit ist komplex, man kann Themen nicht strikt in Berufliches und Privates trennen, das weiß ich als ausgebildete Psychologin. Man muss den Menschen als Ganzes sehen, daher ergeben auch die Beratungen mit Angehörigen sehr viel Sinn.

Was waren die größten Herausforderungen bei der Implementierung des EAP-Programms?

Wir mussten uns immer wieder auf einzelne Zielgruppen einstellen und auf Bedenken eingehen. Oft kam zum Beispiel die Frage, ob die Themen, die in der Beratung besprochen werden, wirklich vertraulich behandelt werden. Und es ist auch eine Herausforderung, zu vermitteln, dass es gut ist, Beratung in Anspruch zu nehmen, bevor es zu spät ist.

Wurde das Programm von der Managementebene unterstützt?

Ja! Bei Siemens ist das Gesundheitsmanagement direkt unter der obersten Führungsebene angesiedelt, der Impuls kam von uns und wurde von der Führungsebene voll mitgetragen.

Welche Rolle spielen Führungskräfte bei der mentalen Gesundheit von Mitarbeitenden?

Sie spielen eine große Rolle, einerseits präventiv, indem sie ein wertschätzendes Arbeitsumfeld schaffen. Und sie besitzen auch eine Vorbildwirkung: Machen sie Pausen, sprechen sie über eigene psychische Belastungen? Wenn im Team ein Problem auftaucht, liegt es auch in ihrer Verantwortung, damit sensibel umzugehen, das Gespräch zu suchen und bei Bedarf an Expert:innen zu verweisen, zum Beispiel von Mavie.

Wo endet die Verantwortung der Führungskräfte?

Wenn sie an ihre eigenen Grenzen stoßen. Und natürlich gilt auch immer das Prinzip Eigenverantwortung: Wir können Angebote schaffen und darauf hinweisen, wie wichtig es ist, dass Mitarbeitende gut auf ihre Gesundheit achten und besser zu früh als zu spät sagen, dass ihnen die Kraft ausgeht. Aber im Endeffekt liegt die Eigenverantwortung bei jedem selbst.

Wenn Sie Ihre Arbeit als Gesundheitsmanagerin auf den Punkt bringen müssen, wie lautet Ihre "Mission"?

Mentale Gesundheit betrifft uns alle und jeder von uns wird im Laufe des Lebens mit Herausforderungen konfrontiert. Deshalb ist mein Ziel, das Thema zu normalisieren, weil ich überzeugt bin, dass es uns alle stärker und menschlicher im Umgang miteinander macht.