Am kommenden Samstag könnte aus den Resten der früheren Sberbank Europe mit Sitz in Wien so etwas wie ein wertvoller Eisblock werden. Die Tochter der russischen Sberbank wurde wegen der Sanktionen, die auf den Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine folgten, abgewickelt, ihre Banklizenz legte sie Mitte Dezember des Vorjahres zurück. Der allergrößte Teil ihrer Assets wurde längst verwertet, allerdings ist noch Vermögen im Wert von 200 bis 300 Millionen übrig. In erster Linie geht es dabei um Cash.

Firmenschild Sberbank Europe in Wien
Die Sberbank Europe AG, Tochter der Moskauer Sberbank, wurde abgewickelt, ein kleiner Rest des Vermögens ist noch da.
APA/Roland Schlager

Und dieser Rest muss nun schnell verkauft werden, sonst ist es mit der Verwertungsmöglichkeit vorbei. Denn laut EU-Sanktionsbeschluss endet die Frist für den Verkauf am 17. Juni. Eigentlich wollte das Management der Sber Vermögensverwaltungs AG in Liquidation – so heißt die Ex-Bank heute – bis März alles in trockenen Tüchern haben.

Delikate Angelegenheit

Wie aus der Bankenbranche zu hören ist, soll das Interesse an diesem Vermögen zuletzt spürbar gewachsen sein. Es gebe etliche Interessenten – und immer wieder wird ein Konsortium genannt, in dem sich frühere Sberbank-Europe-Manager zusammengetan haben sollen. Konkret ist davon die Rede, dass Gerhard Randa federführend in dem Konsortium tätig sei. Der frühere Bank-Austria-Chef war von Mitte 2016 bis Mitte 2018 Vorstandsvorsitzender der Sberbank.

Die Angelegenheit ist – angesichts des Kriegs und der Sanktionen – durchaus heikel. Wer immer das restliche Vermögen von der Eigentümerin Sberbank Moskau erwerben will, muss die Transaktion von den Sanktionsbehörden absegnen lassen. Die Sberbank Moskau steht auf der Sanktionsliste der EU, ihre Vermögenswerte innerhalb der EU sind eingefroren. Laut Sanktionsbeschluss dürfen sanktionierten Banken "weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen". Egal, ob es um einen Tausch oder einen Kauf geht.

Randa sagt dazu nichts

Wobei es für den Kauf von Resten der Sberbank, wie auch für andere sanktionierte russische Unternehmen, Ausnahmen gibt. Voraussetzung ist eben, dass die Sanktionsbehörden zustimmen – in Österreich ist das die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) im Innenministerium. Anzunehmen ist, dass auch die EZB und die US-Sanktionsbehörde gefragt werden. Angeblich wurde die DSN bereits mit der Sache befasst, sie berief sich auf Anfrage auf das Amtsgeheimnis. Randa auf die Frage, ob er in einem solchen Konsortium aktiv sei: "Dazu habe ich nichts zu sagen. Ich bin Pensionist und retired", also im Ruhestand.

Gerüchtehalber wird auch Siegfried Wolf, früher Aufsichtsratschef der Sberbank Europe, mit dem Konsortium in Verbindung gebracht. Sein Sprecher, Josef Kalina, dementiert das, Wolf habe mit einem etwaigen Kauf der Sberbank-Reste nichts zu tun.

RBI will nicht partizipieren

Die Raiffeisen Bank International (RBI) war im Konnex mit den Sber-Resten im Frühling in die Schlagzeilen geraten. Im Projekt "Red Bird" hatte sie an einem Deal mit der Sberbank gearbeitet, die Sache wurde aber vorzeitig bekannt. Die RBI hat ja eine hochprofitable Tochter in Russland, darf aber weder Gewinne noch Dividenden nach Österreich holen. Sie hatte sich ein Tauschgeschäft mit den Russen überlegt.

Die RBI führt das Konto der Sber, auf dem das genannte Bare liegt, und soll den Gerüchten zufolge die Transaktion des Konsortiums abwickeln. Was sagt die RBI dazu? Zu potenziellen Kundenbeziehungen gibt sie wegen des Bankgeheimnisses keine Auskunft. Generell gilt laut einer Sprecherin, "dass die RBI keine Assets der Sber Vermögens AG erwerben oder an einem Erwerb Dritter partizipieren möchte". (Renate Graber, 14.6.2023)