Modell einer Gebärmutter mit Endometriose
Bei Endometriose wuchert gebärmutterähnliche Schleimhaut außerhalb des Uterus. Das kann während der Periode massive Schmerzen auslösen. Auch Unfruchtbarkeit kann damit in Verbindung stehen.
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Schmerzen bei der Periode sind für viele Frauen ganz normal. Zahlreiche Mädchen wachsen sogar mit der Vorstellung heran, dass diese zur Regel einfach dazugehören. Über die Ursachen wird nicht viel gesprochen, und sehr oft werden die schmerzhaften Krämpfe von Mädchen und Frauen einfach als Pech abgetan – oder überhaupt nicht ernst genommen, nicht einmal wenn sich Betroffene krümmen vor Schmerz oder sich sogar übergeben.

Einer der häufigsten Auslöser für so starke Regelschmerzen ist Endometriose, geschätzt jede zehnte Frau leidet daran. Dabei bildet sich Gewebe, das normalerweise die Gebärmutter auskleidet, in den Eierstöcken und anderen Geweben außerhalb der Gebärmutterschleimhaut. Während der Periode blutet dieses Gewebe ebenfalls, das löst die oft richtiggehend lähmenden Schmerzen aus.

Die Ursache für die Erkrankung konnte bisher nicht geklärt werden, auch die Therapieoptionen sind beschränkt. Schmerzmittel helfen bei den Krämpfen, hormonelle Verhütung, die ohne Pause (wie sie etwa bei der Pille üblich ist) angewendet wird, verhindert, dass sich Gebärmutterschleimhaut aufbaut. In schweren Fällen kann das wuchernde Gewebe in einem laparoskopischen Eingriff entfernt werden. Alle drei Ansätze sind jedoch nicht nachhaltig, auch nach einer Operation kann das wuchernde Gewebe wieder auftreten. Die letzte Option – wenn die Schmerzen wirklich unerträglich sind – ist die Entfernung der Gebärmutter und womöglich auch der Eierstöcke. Diesen Schritt ist die US-Schauspielerin und -Drehbuchtautorin Lena Dunham gegangen. Mit nur 31 Jahren entschied sie sich für eine Hysterektomie.

Womöglich Bakterien schuld

Doch nun wurde erstmals ein möglicher Auslöser für die Unterleibserkrankung festgemacht: Fusobakterien. Das berichten Forschende im Fachblatt Science Translational Medicine. In einer Gruppe von 155 Frauen konnten demnach bei 64 Prozent der Patientinnen mit Endometriose Fusobakterien in der Gebärmutterschleimhat nachgewiesen werden. Bei jenen ohne Endometriose konnten diese bei weniger als zehn Prozent festgestellt werden.

Mithilfe biochemischer Analysen fand das Forschungsteam in Laborversuchen heraus, dass Infektionen mit Fusobakterien in Zellen der Gebärmutterschleimhaut das Signalmolekül TGF-β auslösen. Dieses wiederum führt dazu, dass sich zuvor inaktive Fibroblasten in Myofibroblasten umwandeln. Fibroblasten sind Zellen, die ein Hauptbestandteil des Bindegewebes sind. Myofibroblasten dagegen sorgen eigentlich nach Verletzungen für die Wundheilung und Narbenbildung. Werden sie übermäßig produziert, können sie das Gewebe stark verändern.

Die Forschenden betonen, dass es sich bei ihren Beobachtungen bei betroffenen Frauen lediglich um eine Korrelation zwischen Bakterium und Krankheit handelt, Kausalität ist keine gegeben. Ob Fusobakterien Auslöser, Folge oder Nebensache von Endometriose sind, wird nicht eindeutig gezeigt. Auch konnte nicht festgestellt werden, warum es bei einigen Frauen zur Infektion der Gebärmutterschleimhaut kommt. Laut der Studie ist eine Übertragung über die Mundhöhle oder die Vagina denkbar.

Neuer Therapieansatz denkbar

Doch die Erkenntnis könnte trotzdem ein erster Hinweis auf eine weitere – und womöglich nachhaltige – Behandlungsoption sein: eine Antibiotikakur. Die Forschenden injizierten nämlich in einer Versuchsanordnung Mäusen Fusobakterien, daraufhin verschlimmerten sich der Studie zufolge die für die Endometriose typischen Gewebeveränderungen (Läsionen). Eine anschließende Antibiotikabehandlung ließ die Läsionen schrumpfen und verhinderte die Entstehung von Endometriose.

Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter geben aber zu bedenken, dass das Mausmodell Einschränkungen aufweist: Mäuse haben keinen Menstruationszyklus und entwickeln keine spontane Endometriose. Daher mussten für die Untersuchungen krankheitstypische Läsionen durch die Injektion von zerkleinertem Gebärmutterschleimhautgewebe ausgelöst werden. Eine einfache Übertragung der Ergebnisse auf den Menschen ist unter anderem deshalb nicht möglich.

Trotzdem begrüßt Matthias Beckmann vom Endometriosezentrum der Uniklinik Erlangen diese neue These zum Ursprung der Erkrankung und ihrer Behandlung – auch wenn noch vieles unklar ist: "Es ist ein wichtiger Gedanke, dass Antibiotika bei Endometriose helfen können. Für die Erforschung dieser Krankheit ist ja in den vergangenen Jahren wenig Geld geflossen." Die Bakterientheorie erscheine auch deshalb plausibel, weil man solche Mechanismen auch schon von anderen Keimen kenne. So löst etwa das Humane Papillomavirus (HPV) Gebärmutterhalskrebs aus. Vom Bakterium Helicobacter weiß man, dass es Magen- und Darmkrebs verursachen kann.

So wie die Forschenden selbst pocht aber auch Beckmann noch auf weitere Studien und Untersuchungen. Er schätzt die Studie nicht als finales Ergebnis ein, "aber als spannende Hypothesenbildung". (Pia Kruckenhauser, 15.6.2023)