Wie ungleich ist das Vermögen in Österreich verteilt? Diese Debatte treibt die Menschen im Land immer wieder um, wie die aktuelle Debatte über eine Vermögenssteuer zeigt. Passend dazu hat am Mittwoch die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) eine neue Studie präsentiert – die umfassendste Untersuchung ihrer Art der Vermögensverteilung im Land.

Die Analyse, die auf der Befragung von rund 2.300 Haushalten im Jahr 2021 und Anfang 2022 basiert, förderte durchaus Überraschendes zutage. So ist zwar in Diskussionen immer wieder vom Niedergang der Mittelschicht die Rede, davon, dass der Vermögensausbau in dieser Gruppe zusehends schwieriger wird. Bei der Vermögenssituation lässt sich dieser Befund allerdings nicht nachweisen, im Gegenteil. Die Experten der Nationalbank unterteilen für ihre Analyse die Bevölkerung in Österreich in zehn gleich große Teile, vom ärmsten bis zum reichsten Zehntel. In die Betrachtung fließt Immobilienbesitz ebenso ein wie Unternehmensbeteiligungen, Aktienbesitz, das eigene Auto oder Geld auf dem Konto. Dabei zeigt die Auswertung, dass es in der oberen Mittelschicht zu einem deutlichen Vermögenszuwachs gekommen ist im Vergleich zur jüngsten Analyse aus 2017.

Nettovermögen der Österreicher: Die Grafik zeigt das Vermögen in unterschiedlichen Perzentilen, so wie von der Notenbank beobachtet. Bis "P10" umfasst zum Beispiel das ärmste zehn Prozent der Bevölkerung, "P99" die vermögendsten ein Prozent.
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Vermögen bleibt in Österreich wie bisher stark konzentriert in der Hand einiger weniger. Rund die Hälfte der Haushalte in Österreich besitzt im Großen und Ganzen unterm Strich gar kein Vermögen. Für die 35 Prozent darüber gab es allerdings zwischen 2017 und 2021 einen Nettovermögenszuwachs, also abzüglich allfälliger Schulden, in Höhe von 50.000 bis 100.000 Euro. Für die zehn Prozent darüber gab es einen Vermögenszuwachs von sogar 200.000 Euro. Diese Zahlen sind zwar nicht um die Inflation bereinigt, diese lag im Zeitraum bei ungefähr 17 Prozent – so oder so bleibt also ein ordentliches Plus übrig.

Teure Immobilien wirken sich aus

Verantwortlich für die Entwicklung ist einerseits der starke Anstieg der Immobilienpreise in den vergangenen Jahren. Etwa die Hälfte der Menschen in Österreich besitzt ein Eigenheim, gut 47,6 Prozent. Fast alle Haushalte, die ein Eigenheim besitzen, finden sich in der oberen Hälfte der Vermögensverteilung, während in der unteren Hälfte vor allem Mieter zu finden sind. Auch die Ersparnisse sind im Zeitraum etwas angestiegen, was ebenfalls zu einem Vermögenszuwachs geführt hat. Dabei dürfte die Pandemie und staatlichen Hilfen eine Rolle gespielt haben, die Sparquote in Österreich legte 2020 und 2021 deutlich zu.

Die letzte umfassende Untersuchung der Nationalbank die Vermögen betreffend wurde 2019 veröffentlicht und bezieht sich auf das Jahr 2017. Im Rahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) werden Vermögenserhebungen immer wieder durchgeführt, im Rahmen der Eurosystem Household Finance and Consumption Survey. Die Studienautoren für den österreichischen Beitrag sind die Ökonomen Pirmin Fessler, Peter Lindner und Martin Schürz.

Interessant an der neuen Auswertung ist auch, dass der Vermögensanteil, der auf das oberste eine Prozent entfällt, etwas zurückgegangen ist. Das reichste eine Prozent besaß in der letzten Untersuchung 22,6 Prozent des Nettovermögens, aktuell sind es "nur" 16,3 Prozent. Allerdings verweisen die Studienautoren darauf, dass es extrem schwierig ist, diese Gruppe in den Daten sinnvoll abzubilden. Dafür ist das Sample sehr klein, und Superreiche lassen sich traditionell nicht gern über ihre finanzielle Umstände befragen. Daten der EZB selbst, die nicht auf Befragungen beruhen, zeigen eine deutlich höhere Konzentration beim oberen einen Prozent.

Interessant ist auch die Frage, wer von einer Millionärssteuer betroffen wäre: Ein Nettovermögen von über einer Million Euro besitzen nur fünf Prozent oder um die 200.000 Haushalte in Österreich.

Tendenziell neigen Menschen dazu, sich selbst hier ärmer einzustufen, als sie es in der Verteilungsstatistik tatsächlich wären. Teilt man die Haushalte in Österreich in fünf Gruppen ein, beläuft sich das Nettovermögen im untersten Fünftel auf 2.400 Euro im Mittel an. Im nächsten Fünftel sind auf um die 23.000 Euro. Das Vermögen der reichsten 20 Prozent liegt im Median bei um die 700.000 Euro. (András Szigetvari, 14.6.2023)

Dank Wertsteigerungen bei Immobilien profitierte der obere Mittelstand von einem Vermögenszuwachs.
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