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Twitter wird von einem Branchenverband der Musikindustrie verklagt.
APA/AFP/SAMANTHA LAUREY

Elon Musk hat mit seiner 44 Milliarden Dollar schweren Übernahme von Twitter nicht nur eine der teuersten Akquisen der Tech-Branche gemacht, sondern auch eine Vielzahl an Problemen geerbt. Nun hat eine Gruppe von 17 Musikverlegern in den USA Twitter verklagt. Der Vorwurf: Die Plattform habe Urheberrechtsverletzungen bei fast 1.700 Songs ermöglicht. Deshalb fordert die National Music Publishers Association (NMPA) mehr als 250 Millionen US-Dollar Schadenersatz.

In der Klage, die beim Bezirksgericht in Nashville, Tennessee, eingereicht wurde, behauptet die NMPA, dass Twitter aus Profitgründen Urheberrechtsverletzungen "zulässt und fördert". Die Situation habe sich unter Elon Musk nicht verbessert, wie die BBC berichtet. Die NMPA vertritt Firmen wie Sony Music Publishing, BMG Rights Management und Universal Music Publishing Group.

Die Gruppe wirft Twitter vor, dass die Plattform weiterhin "riesige Gewinne aus der Verfügbarkeit von nicht lizenzierter Musik zieht, ohne die notwendigen Lizenzgebühren dafür zu zahlen". Laut der Ansicht der Musikindustrie verschafft sich Twitter dadurch einen  "unfairen Vorteil" gegenüber Konkurrenten – einschließlich Tiktok, Facebook, Instagram, Youtube und Snapchat –, weil diese Plattformen für Musiklizenzen zahlen. Twitter "ist die größte Social-Media-Plattform, die sich komplett geweigert hat, die Millionen Songs in ihrem Dienst zu lizenzieren", sagte NMPA-Präsident David Israelite in einer Erklärung.

VIDEO: Rückschau - Elon Musks Twitter-Übernahme.
DER STANDARD

Twitter verstößt "routinemäßig"

Musk, der kürzlich den Titel des reichsten Menschen der Welt zurückerobert hat, kaufte Twitter letztes Jahr für 44 Milliarden Dollar. Auch darauf geht die NMPA ein: "Twitters Eigentümerwechsel im Oktober 2022 hat nicht zu einer Verbesserung seines Verhaltens in Bezug auf das Urheberrecht geführt."

Auch eine Spitze gegen Musks teils chaotischen Führungsstil haben die Anwälte des Branchenverbands in ihre Klagsschrift eingebaut: "Im Gegenteil, Twitters interne Angelegenheiten sind in Unordnung geraten." Die NMPA macht Musks personellen Kahlschlag bei dem Kurznachrichtendienst dafür verantwortlich. Wichtige Abteilungen zur Prüfung von Inhalten und zur Überwachung von Verstößen gegen die Nutzungsbedingungen gebe es nicht mehr. Die NMPA behauptet auch, dass Twitter "routinemäßig bekannte Verstöße ignoriert".

Direkter Angriff auf Musk

Außerdem werfen die Branchenvertreter Musk persönlich vor, die Nutzer zum Urheberrechtsverstoß aufgerufen zu haben. Sie zitieren mehrere Tweets von Musk, in denen er das Twitter-Blue-Abo bewirbt. Damit kann man längere Videos hochladen, was die Musikindustrie als indirekte Anstiftung zur Urheberrechtsverletzung wertet.

Laut einem Bericht der "New York Times" stammt das Problem noch aus der Ära vor Musk. Laut dem Bericht gab es in der Vergangenheit schon Verhandlungen mit einer Reihe von Musikverlegern, bei denen es um Lizenzzahlungen für die Veröffentlichung von urheberrechtlich geschütztem Material ging. Der Deal soll rund 100 Millionen Dollar pro Jahr schwer gewesen sein – weshalb er auch nicht zustande kam.

Nachdem Musk die Plattform übernommen hatte, soll es laut "Times" erneut zu Verhandlungen mit den großen Musikverlagen gekommen sein, die jedoch ebenfalls scheiterten.

Kein Kommentar von Musk oder Yaccarino

Anfang dieses Monats wurde Linda Yaccarino, die frühere Leiterin der Werbeabteilung des Mediengiganten NBC Universal, zur neuen Chefin des angeschlagenen Social-Media-Unternehmens ernannt. Yaccarinos Kernaufgabe lautet, Geld mit Twitter zu verdienen. Seit der Übernahme von Twitter hat Musk drei Viertel der Belegschaft entlassen, darunter auch Teams, die für die Verfolgung von Missbrauch zuständig sind. Twitter selbst hat sich noch nicht zu der Klage geäußert.

Es kommt nicht zum ersten Mal vor, dass durch Copyright geschützte Inhalte auf Twitter landen. Kurz nach der Übernahme durch Musk landeten ganze Filme auf der Plattform. Das war nur möglich, weil Musk das Moderationsteam entlassen hatte. (pez, 15.6.2023)