Ein Roboter qualmt, während er auf einem Laptop tippt
Die Mediengruppe Gamurs war auf der Suche nach einem "KI-Redakteur".
midjourney/Benjamin Brandtner

Die Mediengruppe Gamurs sieht sich in ihrer Eigendefinition als das führende Unterhaltungs- und Informationsnetzwerk, wenn es um Gaming geht. Ein Medienbericht legt nun aber nahe, dass viele Inhalte in Zukunft von einer KI geschrieben werden sollen. Zu Gamurs gehören populäre Gaming-Seiten wie "Dot Esports" oder "Destructoid".

Anfang März geriet das Unternehmen schon einmal in die Schlagzeilen, als man eine Kündigungswelle ankündigte. Rund 50 Personen waren ihren Job los, was etwa 40 Prozent der Belegschaft entspricht, wie die Technikseite "Futurism" berichtet. Nur wenige Monate später stellt der Medienkonzern wieder ein – und zwar wird ein sogenannter "KI-Redakteur" gesucht. Dessen Aufgabe: Er soll mithilfe eines "KI-Content- und SEO-Strategen" künstliche Intelligenz wie ChatGPT einsetzen, um Artikel zu verfassen.

4,23 Dollar pro Artikel

Dass es dabei eher um Masse als um Klasse geht, wird aus der erwarteten Quote ersichtlich: 200 bis 250 Artikel soll der Redakteur oder die Redakteurin pro Woche verfassen. Laut Inserat müsste der "KI-Redakteur" Überschriften schreiben, Links hinzufügen, Bilder einfügen und andere Wordpress-Produktionsprozesse durchführen. Dieses Aufgabenprofil lässt darauf schließen, dass die einzige Aufgabe des menschlichen Arbeitnehmers darin besteht, KI-generierte Texte auf den Seiten online zu stellen. Nur gegebenenfalls sei es nötig, die Texte umzuschreiben, heißt es in der Ausschreibung.

"Futurism" hat daraufhin nachgerechnet: Ausgehend von einer Fünf-Tage-Woche müsste der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin 50 Artikel pro Tag veröffentlicht, was wiederum weniger als zehn Minuten Bearbeitungszeit pro Geschichte bedeutet. Bei dem angegebenen Gehalt von 40.000 bis 55.000 US-Dollar pro Jahr entspricht das im besten Fall 4,23 Dollar pro Artikel.

Nicht der erste Versuch

Die Stellenausschreibung wurde zuerst von Kenneth Shepard, einem Mitarbeiter von Kotaku, entdeckt. Mittlerweile hat Gamurs das Jobangebot wieder gelöscht, aber da war der Schaden schon angerichtet. Vor allem unter den Spielejournalistinnen und -journalisten war das Entsetzen groß. "Die Zukunft der schriftlichen Gaming-Inhalte ist da", twitterte Tom Henderson, Betreiber von "Insider Gaming", süffisant. Sein Kollege, der Spielejournalist Imran Khan, war noch unverblümter. "Zieht dieses Unternehmen durch den Dreck", schrieb er.

Fairerweise muss dazugesagt werden, dass Gamurs nicht das erste Medienhaus ist, das versucht, Journalistinnen und Journalisten durch KI-Systeme zu ersetzen. "Insider" entließ im April etwa zehn Prozent der Belegschaft, gleich nachdem die Umstellung auf KI angekündigt wurde. "CNET" ließ eine KI monatelang Artikel über Vermögensanlagen schreiben, nur um festzustellen, dass ein Großteil davon faktisch falsch war.  

Die Medienbeobachter von Newsguard haben Anfang Mai 49 Nachrichten-Websites gefunden, die ausschließlich von KI-Chatbots betrieben werden. Die Seiten weisen eine große Bandbreite auf: Einige sind als aktuelle Nachrichtenseiten getarnt und tragen Namen wie "News Live 79" und "Daily Business Post", während andere Lifestyle-Tipps und Promi-Nachrichten liefern oder gesponserte Inhalte veröffentlichen. Das Ergebnis waren Schlagzeilen wie "Biden tot. Harris amtierende Präsidentin, Ansprache um 9 Uhr". Eine andere Seite erfand Fakten über das Leben und die Arbeit eines Architekten als Teil eines gefälschten Nachrufs, DER STANDARD berichtete. (pez, 15.6.2023)