Polizisten gehen
Die Polizei bekommt eine neue Aufsichtsbehörde.
IMAGO/SKATA

Wien – Im jüngsten Ministerrat ist die überfällige, im Herbst 2020 von der türkis-grünen Regierung angekündigte Ermittlungs- und Beschwerdestelle (EBS) für Fälle von Polizeigewalt beschlossen worden. Sie soll "in den kommenden Wochen" – und damit vor der Sommerpause – der parlamentarischen Beschlussfassung zugeführt werden, bekräftigte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker. Die neue Polizei-Ermittlungsstelle ist umstritten, vor allem ihre vorgebliche Unabhängigkeit wird bezweifelt.

Die SPÖ und die Neos, die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, aber auch der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (Örak) hatten sich im Vorfeld vor allem daran gestoßen, dass die Stelle im Bundesamt für Korruptionsprävention und -bekämpfung (BAK) und damit im Weisungsbereich des Innenministeriums angesiedelt werden soll. Davon rückten die Regierungsparteien nicht ab.

Die EBS soll dem vom Ministerrat nun abgesegneten Entwurf zufolge einem auf zehn Jahre bestellten stellvertretenden Direktor des BAK unterstellt werden. Was die Berichtspflichten betrifft, hat die EBS "den unmittelbar oder mittelbar zur Führung der Dienstaufsicht berufenen Vorgesetzten (Dienstvorgesetzter) über die Einleitung ihrer Ermittlungen zu informieren und über deren Ergebnisse zu berichten".

Neos fordern Unabhängigkeit

Gegenüber der APA bekräftigte Stephanie Krisper, Neos-Sprecherin für Inneres, am Donnerstag ihre Kritik: "Obwohl äußerst kritische Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf eingegangen sind, hat sich die türkis-grüne Bundesregierung dazu entschlossen, die Beschwerdestelle gegen Polizeigewalt im personell ausgebluteten BAK und somit unter der Weisungsbefugnis des Innenministers anzusiedeln."

Krisper will das nicht einfach hinnehmen: "Eine unabhängige und transparente Aufklärung kann nur gewährleistet werden, wenn die Beschwerdestelle außerhalb des Innenministeriums angesiedelt wird. Dadurch würde auch das Vertrauen insbesondere jener, die von Polizeigewalt betroffen sind, in die Aufklärungsarbeit gestärkt werden." Krisper kündigte an, die Neos würden dazu "im Innenausschuss nächste Woche einen Antrag einbringen".

Grüne: "Kulturwandel in der Polizei"

Für ÖVP-Generalsekretär Stocker, zugleich Sicherheitssprecher seiner Partei, ist "durch die geplante Gesetzesnovelle sichergestellt, dass eine eigene, speziell dafür ausgebildete Einheit Misshandlungsvorwürfen nachgeht und damit das Vertrauen in unsere Polizei noch weiter gestärkt wird". In einer Aussendung hielt Stocker fest: "Wir schaffen den Rahmen, dass Vorwürfe ermittelt und aufgeklärt werden. Dadurch, dass die Einrichtung im BAK erfolgt, gelingt es, den Aufbau von Parallelstrukturen zu verhindern."

Der grüne Sicherheitssprecher Georg Bürstmayr hielt fest, man habe "viele Vorschläge, die im Begutachtungsverfahren gemacht wurden, aufgegriffen und weitest möglich umgesetzt". Bürstmayr verwies in einer Aussendung auf "verbesserte Regelungen für den Datenschutz", außerdem sei "die Rolle der Zivilgesellschaft im Beirat der neu zu schaffenden Ermittlungsstelle gestärkt" worden.

"Dieses Gesetz legt den Grundstein für einen wirklichen Kulturwandel in unserer Polizei", meinte Bürstmayr. Und weiter: "Insbesondere in den letzten Monaten haben wir ja wiederholt den Eindruck gehabt, dass diese Vorfälle von einzelnen Landespolizeidirektionen nicht mit nötigen Nachdruck verfolgt werden." (APA, 15.6.2023)