Künstliche Beregnung eines Feldes in Niederösterreich
Landwirtschaftliche Betriebe in Niederösterreich können schon bald mit niedrigeren Stromtarifen rechnen, Haushalte und Gewerbekunden müssen sich noch etwas gedulden.
APA/HERBERT-PFARRHOFER

Reihum gibt es Ankündigungen von Energieversorgern, dass sie die zuletzt gesunkenen Strompreise im Großhandel nun schrittweise an Endkunden und -kundinnen weitergeben wollen. In Niederösterreich sind es in größerem Umfang landwirtschaftliche Betriebe, die auf niedrigere Stromkosten hoffen dürfen. Gemeinsam mit Experten aus der Landwirtschaft hat die EVN einen eigenen Tarif kreiert, der auf die speziellen Verbrauchsgewohnheiten des Sektors zugeschnitten sei, sagte EVN-Sprecher Stefan Zach dem STANDARD.

Die Landwirtschaft habe in den starken Produktionsmonaten im Sommer einen besonders hohen Stromverbrauch. Im Winter sei dieser geringer. Dem soll mit einem Float-Tarif Rechnung getragen werden. Der Preis werde dabei alle drei Monate auf Basis des dann gültigen Großhandelspreises neu festgelegt und für die darauffolgenden drei Monate festgezurrt. Voraussetzung sei, dass es in dem Betrieb einen intelligenten Stromzähler (Smart Meter) gebe. 

Float-Tarif mit Jahresbindung

Die Zahl der Personen, die in den Genuss dieses preislich vorteilhaften Landwirtschaftstarifs kommen könnten, schätzt Zach auf rund 40.000. Der Tarif sei mit den Partnern in der Energieallianz, der gemeinsamen Vertriebsgesellschaft von EVN, Wien Energie und Burgenland Energie, abgestimmt, gelte aber nur in Niederösterreich. Ab Montag wird der Tarif online freigeschaltet, in Kraft tritt er mit 1. Juli, wobei es noch Abschläge am Tagesrand zwischen acht Uhr abends und acht Uhr früh sowie am Wochenende geben werde. In den kommenden Wochen sollen auch andere Sektoren und die Haushalte von Tarifsenkungen profitieren.

Bei der Landwirtschaftskammer spricht man zum Auftakt von einem Netto-Arbeitspreis von 17,54 Cent je Kilowattstunde (KWh) beim Tagesstrom und 15,13 Cent beim Nachtstrom. Die Landwirte müssten sich für ein Jahr an die EVN binden.

Kritik an einseitiger Preissenkung

Als "dreiste EVN-Abzocke" bezeichneten die Freiheitlichen die Ankündigung des Energieversorgers. Die Preissenkungen für Landwirte seien zwar richtig, müssten aber auch "für unsere heimischen Betriebe gelten, genauso wie für unsere Familien, alleinerziehenden Mütter und Senioren", forderte Landesparteiobmann und Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer. "Das Vorgehen der EVN ist vollkommen absurd. Runter mit den Preisen, und zwar für alle.“

SPÖ-Landeschef Sven Hergovich kommentierte auf Twitter: "Dass die EVN die Strompreise senkt, ist erfreulich. Dass die Strompreissenkung nur für Bauern und für den Rest des Landes nicht gilt, ist ein Skandal. Warum will die ÖVP, dass Großbauern niedrigere Strompreise zahlen als eine Arbeiterin oder ein Mindestpensionist?" 

Raiffeisen verkauft Strom

Unterdessen drängen neue Stromanbieter auf den Markt. Ganz neu dabei ist die Raiffeisenbank NÖ-Wien, die unter dem Markennamen "Auri One" ab sofort und österreichweit ein Ökostromprodukt anbietet. Die Plattform auri.at, über die der Ökostromtarif "Auri One" angeboten wird, ist in Zusammenarbeit mit dem Green-Tec-Start-up Backbone.one entstanden. (Günther Strobl, 16.6.2023)