Österreichs Wirtschaftspolitik kommt nicht zur Ruhe. Die Inflation liegt bei neun Prozent und damit deutlich über dem Schnitt der übrigen Euroländer. Zur Abfederung der Folgen der Teuerungskrise fixierte die türkis-grüne Regierung ein gigantisches Maßnahmenpaket, das sich bis zum Jahr 2026 auf fast 50 Milliarden Euro summieren wird. Tun wir hier das Richtige, wie sozial und ökologisch wird dieses Geld verteilt – und brauchen wir jetzt in der Folge Sparpakete oder eine Vermögenssteuer, um all das zu finanzieren? Rund um diese Fragen wurde in der neuen Ausgabe des Videotalks "STANDARD mitreden" diskutiert und gestritten.

Mit dabei die Ökonominnen Margit Schratzenstaller (Wifo) und Monika Köppl-Turyna (Eco Austria). Beide kritisierten, dass der Staat zu viele Maßnahmen per Gießkanne verteilt habe. Schratzenstaller rechnete vor, dass selbst bei kurzfristigen Ausgaben zur Abfederung der Inflation 70 Prozent der Mittel einkommensunabhängig, also an Reiche wie Arme, verteilt wurden. Rund ein Drittel der Gelder diene dazu, Energiepreise zu dämpfen. "Auch wenn es nicht intendiert ist, haben 90 Prozent dieser Mittel eine klimaschädliche Auswirkung." Köppl-Turyna führte konkrete Beispiele für fehlende Zielsicherheit an: Die Stromkostenbremse und die diversen Energiekostenzuschüsse der Länder finanzieren auch wohlhabende Haushalte mit hohem Stromverbrauch. All diese vielen Ausgaben "gefährden die fiskalische Nachhaltigkeit" in Österreich, insbesondere angesichts der steigenden Zinsen.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) zeigte sich offen für einige Kritikpunkte – und widersprach anderen heftig. Die Grünen hätten als Erste eine Anpassung diverser Sozialleistungen an die Inflation erreicht, andere Parteien seien zuvor genau daran gescheitert, das helfe naturgemäß besonders Ärmeren. Ja, Dinge wie die befristete Erhöhung der Pendlerpauschale hätten ökologisch schädliche Wirkungen. Dafür hätten die Grünen noch schädlichere Dinge wie eine Senkung der Mineralölsteuer auf Sprit verhindert. Und: Auch wenn Strom subventioniert werde, schlage die Erhöhung der Preise abseits eines Grundverbrauchs bei vielen Haushalten durch, was auch Sparanreize schaffe.

Kogler: Österreich Steuerschwundland für Millionäre

Kontrovers diskutiert wurde die Frage, ob jetzt Vermögenssteuern notwendig seien, um den Haushalt in Ordnung zu bringen – die Debatte hat mit dem neuen SPÖ-Chef Andreas Babler Auftrieb bekommen. "Österreich ist ein Hochsteuerland für Erwerbstätige. Das ist richtig, aber wir sind Steuerschwundland für jemanden, der Millionen erbt. Deshalb ist es richtig, wenn mehr Drive reinkommt", so Kogler. Die Chefökonomin des Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB), Helene Schuberth, argumentierte, dass "sich Kapital und Vermögende in den vergangenen Jahren zusehends der Finanzierung des Sozialstaates entziehen, und "das ist für den Wohlfahrtsstaat nicht akzeptabel". Schuberth warnte: Die Inflationskrise sei noch nicht vorbei, den die Regierung habe es unterlassen, die richtigen Maßnahmen angesichts der Krise zu setzen. Was sie damit genau meint und warum sie sagt, Österreichs Sozialstaat schütze nicht genug vor Armut? Die Antworten gibt es im Video.

Sehen Sie im Talk außerdem: Warum Ökonomin Köppl-Tuyrna sagt, dass Österreich bei den Ausgaben ein gewaltiges Problem hat und zwar ganz abseits der vielen Einmalhilfen. Und weshalb Wifo-Ökonomin Schratzenstaller einen großen Umbau des Steuersystems befürwortet, inklusive stärkerer Belastung von Vermögen und Entlastung von Arbeit. Und: Kogler beschreibt im Talk, was die Grünen bei der Inflationsbekämpfung anders gemacht hätten – und warum er trotzdem glaubt, dass auch in der Krise nicht auf Klimaschutz vergessen wurde. Moderation: András Szigetvari. (Video: Ayham Yossef, 18.6.2023)