Österreich hat 62 Aktive und zwölf Unified-Partner nach Berlin geschickt, das Team bereitete sich zuletzt in Nürnberg auf die World Games vor. Für viele sind es die ersten Spiele, andere waren schon bis zu achtmal dabei. Bei den Weltspielen 2019 in Abu Dhabi hat Österreich 52 Medaillen geholt.
Foto: Special Olympics Österreich

Da könnten sich die großen, die populären, die gewinnträchtigen, also die Olympischen Spiele einiges abschneiden. Ab Samstag steigen in Berlin die Special Olympics, auch hier geht es ums Gewinnen, um Medaillen und Urkunden. Vor allem aber geht es tatsächlich ums Dabeisein, es geht um Inklusion, und es geht den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ganz sicher nicht ums Geschäft.

Die Special Olympics haben neben Klassischem – wie Fußball, Leichtathletik, Schwimmen – auch ungewöhnliche Disziplinen und Regeln zu bieten. In 16 der 26 Sportarten gibt es "Unified"-Varianten. Hier tritt ein Athlet oder eine Athletin mit geistiger Behinderung mit einem Partner oder einer Partnerin ohne geistige Behinderung an. In den Teamsportarten sind eigene Regelungen zur Teamzusammensetzung festgeschrieben.

Gemeinsam bei der Sache

"Mitunter sind Athletinnen und Athleten mit geistiger Beeinträchtigung in den Unified-Tandems die besseren Sportler", sagt der deutsche Delegationsleiter Tom Hauthal dem Sportinformationsdienst (sid). Für ihn bedeutet Unified Sports "gelebte Inklusion. Beide gemeinsam als Team bringen ihre Leistung. Das gemeinsame Erlebnis zählt." Sportarten, die bei den Spielen in Berlin mit Unified-Bewerben aufwarten, sind: Badminton, Basketball, 3×3-Basketball, Beachvolleyball, Boccia, Bowling, Freiwasserschwimmen, Fußball, Futsal, Golf, Handball, Kanu, Segeln, Tennis, Tischtennis und Volleyball.

Boccia, Bowling, Futsal? Darauf und auch auf einige andere Sportarten lohnt ein genauerer Blick.

Ad Futsal. Bei den Special Olympics ist der kleine Bruder des Fußballs nicht in der Halle, sondern im Freien auf Rasen daheim. Ein Team setzte sich aus fünf Spielern zusammen, der Platz ist ungefähr so groß wie ein Basketballfeld, der Ball ist etwas kleiner als ein "echter" Fußball und weniger sprunghaft. Es darf in zwei 20-minütigen Hälften permanent und unbegrenzt ein und ausgewechselt werden. Neben Frauen- und Männer-Bewerben gibt es auch eine Unified-Variante. Berlin rechnet mit 213 Spielerinnen und Spielern sowie 76 Unified-Partnern. Futsal zählt zu den jungen Special-Olympics-Sportarten, war bei den bis dato jüngsten Weltspielen 2019 in Abu Dhabi erstmals dabei.

Zum Beispiel Boccia

Seit 1991 steht die italienische Variante des französischen Kugelspiels Boule bei den Special Olympics World Games auf dem Programm. Zu 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit Beeinträchtigung kommen 50 Unified-Partner, in fünf Disziplinen geht es um Medaillen. Zu den Team-Wettbewerben treten Quartetts ab. Jedes Team hat vier Kugeln, die möglichst nah an eine kleinere Setzkugel, den Pallino, geworfen werden.

Zum Beispiel Bowling

Eine Kugel, zehn Kegel, zwölf Würfe pro Spielerin und Spieler – viele kennen das Prinzip von Afterwork-Events oder Kindergeburtstagen. Fünf Wettbewerbe (Einzel, Doppel, Team, Unified Doppel, Unified Team) versammeln 210 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie 46 Unified Partner. Die Besonderheit im Vergleich zum klassischen Bowling: Athletinnen und Athleten können eine Rampe benutzen, von der aus die Kugel losrollt. Bowling zählt seit 1975 zum Special-Olympics-Programm.

Kreuzheben, Kniebeugen und Bankdrücken. Drei Basics aus dem Fitnessstudio bilden bei den Special Olympics den Kraftdreikampf. Medaillen gibt es in drei Bewerben: im Bankdrücken, in der Zweierkombination aus Bankdrücken und Kreuzheben sowie in der Dreierkombination aus Kniebeuge, Bankdrücken und Kreuzheben. 1983 wurde der erste Kraftdreikampf ausgetragen, Berlin freut sich auf 133 Athletinnen und Athleten.

Zum Beispiel Rollerskating

Das Rollerskating ist eine der Temposportarten bei den Special Olympics. Acht Disziplinen sind in zwei Kategorien unterteilt. Die Rennen sind bis zu 1000 Meter lang, und natürlich werden auch Staffelbewerbe veranstaltet. Eine Unified-Variante gibt es hingegen nicht. In Berlin werden 93 Athletinnen und Athleten erwartet. Rollerskating gehört seit 1987 zum Programm der Special Olympics.

Oder Freiwasserschwimmen

Freistil, das heißt hier nicht etwa Kraul, sondern tatsächlich Freistil. Jede Schwimmart ist erlaubt. Zudem dürfen die Athletinnen und Athleten während des Wettbewerbs im Wasser laufen und stehen und sich auch ausruhen, indem sie sich unterwegs etwa an Booten, Paddelbrettern, Seilen und oder auch an Sicherheitspersonal im Wasser eine Zeitlang festhalten. Währenddessen dürfen sie ihre Position freilich nicht verbessern.

Und, und, und, und, und

An manchen Bewerben der Rhythmischen Sportgymnastik nehmen auch Männer teil, und es gibt einen Bewerb für Athletinnen und Athleten, die sitzend turnen. In der Leichtathletik fallen Standweitsprung, Minispeerwurf und 50-Meter-Sprint auf. Und auch sonst ist in Berlin viel Besonderes, viel Spezielles zu sehen – bei diesem einzigartigen Fest der Inklusion und Freude an der Bewegung. (Fritz Neumann, Philip Bauer, 17.6.2023)