Wolf
Der Wolf sorgt seit einiger Zeit für hitzige Diskussionen.
APA/HANS KLAUS TECHT

Klagenfurt/Telfes – Die Diskussion über Wölfe und heuer bereits dutzende gerissene Nutztiere in Kärnten ist um ein Kapitel reicher: Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) hat am Montag angekündigt, Tierhalter anzuzeigen, die Schafe "einfach so völlig ungeschützt und unbehirtet in der freien Natur ausgesetzt" hätten, teilte die Organisation am Montag in einer Aussendung mit.

Der VGT ortet in der Weidehaltung in Kärnten Tierquälerei: "Domestizierte Schafe sind Haustiere, die den Gefahren in der Wildnis hilflos ausgeliefert sind. Deshalb sterben tausende Schafe jedes Jahr in Österreich, weil sie einfach so auf Almen ausgesetzt wurden." Das Tierschutzgesetz würde das verbieten. Der zuständige Agrarreferent, Landeshauptmannstellvertreter Martin Gruber (ÖVP), reagierte harsch auf die Ankündigung: "Die traditionelle Almwirtschaft ist eine der artgerechtesten Tierhaltungsformen, die man sich vorstellen kann. Diese als Tierquälerei zu bezeichnen, ist völlig absurd." Es seien Wölfe, die Nutztiere und damit die Almwirtschaft bedrohen würden.

Hybridwolf gefährde "Almfrieden"

Tirols Landwirtschaftskammerpräsident Josef Hechenberger (ÖVP) sieht unterdessen in Tirol ein verstärktes Auftreten von Hybridwölfen, also Kreuzungen von Hund und Wolf, und zeigt sich darüber besorgt. Diese würden zusätzlich zu den herkömmlichen Wölfen dazu beitragen, den "Almfrieden zu gefährden". "Es gibt sowohl bei Wölfen als auch bei Hybridwölfen ein exponentielles Wachstum", sagte Hechenberger am Montag bei einer Pressekonferenz zum Start der Almsaison im Stubaital.

Bereits vergangene Woche hatte die Kärntner Landwirtschaftskammer in Sachen Hybridwölfe Alarm geschlagen. Solche Individuen seien in Kärnten bereits nachgewiesen worden – sie würden weniger Scheu vor Menschen haben, hatte es geheißen. Das verstärkte Auftreten von Hybridwölfen mache die Wolfsproblematik jedenfalls noch dringlicher, so Hechenberger. Man sei diesbezüglich mit dem Bundesland Kärnten in Austausch. An sich sei die Hybridisierung aber auch eine Chance: "Diese Wölfe stehen ja, da sie nicht reinrassig sind, nicht unter verstärktem Artenschutz."

Rechtliche Lage umstritten

Es brauche – egal ob Hybridwolf oder reinrassiger Wolf – auf EU-Ebene endlich klare gesetzliche Richtlinien, verlangte Hechenberger. "Die Verordnung des Landes Tirol, die den Abschuss von Wölfen ermöglicht, war aber zuvor der richtige Schritt", hielt der Landwirtschaftskammerpräsident fest. "Unser mittelfristiges Ziel ist es nun, dass die Gesetze Gegenwart und Realität entsprechen", strich er heraus und sprach damit auch eine aus seiner Sicht notwendige Anpassung des Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) der Europäischen Union an, die vor allem "reinrassige Wölfe" unter hohen Schutz stelle.

Am Wochenende hatten die beiden an der Uni Innsbruck lehrenden Europarechtler Walter Obwexer und Peter Hilpold die Vorgehensweise Tirols gegenüber der APA als eindeutig EU-rechtswidrig bezeichnet. Für Hilpold werden die Probleme seitens der Politik "wohl in Kauf genommen", Obwexer schlug eine Rückkehr zur Bescheidvariante vor. (APA, 19.6.2023)