Eine Oberflächentemperatur von minus 200 Grad Celsius und eine Landschaft von Eisvulkanen, die gefrorene Materie ins All schleudern, klingen aufs Erste nicht besonders heimelig. Der Saturnmond Enceladus zählt dennoch zu den aussichtsreichsten Kandidaten für außerirdisches Leben in unserem Sonnensystem. So darf es wenig verwundern, dass der Eismond Forschende schon länger fasziniert – eine neue Entdeckung sorgt nun weiter für Begeisterung.

Geysire Oberfläche Saturnmond Enceladus
Bei einem Besuch der Raumsonde Cassini bei Enceladus im Jahr 2009 entstanden Aufnahmen derGeysire, die aus dem inneren Ozean des Mondes Eiskristalle ins All schleudern.
REUTERS/NASA/JPL-Caltech/Space Science Institute

Indem Forschende Archivdaten der Raumsonde Cassini neu auswerteten, konnten sie zeigen, dass in den Ozeanen unter den Eispanzern Phosphor in Form von Phosphaten vorhanden sein dürfte, wie sie in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts "Nature" berichten. "Wir haben das nicht erwartet. Wir haben nicht danach gesucht", sagte Frank Postberg, Planetenforscher an der Freien Universität Berlin und Leiter der Studie. Die Daten stammen von der US-amerikanisch-europäischen Raumsonde Cassini, die 2017 ihre Untersuchungen von Saturn und seinen Monden abgeschlossen hat.

Voraussetzungen für Leben erfüllt

Konkret untersuchten die Forschenden Daten von 345 Eiskörnern, die von Geysiren auf Enceladus ins All geschleudert werden und von Ozeanen stammen, die unter einer dichten Eisschicht liegen. Sie stießen dabei auf Teilchen, von denen anschließende Laborexperimente zeigten, dass es sich dabei um Phosphate handelt. "Unsere geochemischen Experimente und die damit verbundene Modellierung zeigen, dass sich die hohen Phosphatkonzentrationen aus einer erhöhten Löslichkeit von Phosphaten ergeben, die nicht nur auf Enceladus, sondern generell unter den speziellen Bedingungen im äußeren Sonnensystem gegeben sein sollten", sagt Postberg. "Das sind gute Nachrichten für eine ganze Reihe von Ozeanwelten jenseits des Jupiters." Durch die Entdeckung von Phosphaten in den Eiskörnern ist der erstmalige Nachweis von Phosphor in einem außerirdischen Ozean erbracht.

Raumsonde Cassini beim Saturn
Die Raumsonde Cassini war bis 2017 bei Saturn und seinen Monden unterwegs.
imago images/Elenarts/Nasa

Phosphor gilt neben Sauerstoff, Kohlenstoff, Wasserstoff und Schwefel als essenzieller Baustein für die Entstehung von Leben. Bei irdischem Leben ist Phosphor beispielsweise in der DNA zu finden, aber auch in Knochen und Zähnen. Die Entdeckung von Phosphor im Ozean von Enceladus ist umso erstaunlicher, als man bisher davon ausgegangen war, dass Phosphor im Kosmos äußerst selten sei. Überraschenderweise ist die Phosphorkonzentration in Enceladus' Ozean um mehrere hundert Mal höher als in irdischen Ozeanen.  

Saturnmond Enceladus
Aus der Ferne sieht der Saturnmond Enceladus wie ein tiefgefrorener Eisball aus. Doch unter kilometerdicken Eispanzern beherbergt er tiefe Ozeane.
REUTERS/NASA/JPL/Space Science Institute

Suche geht weiter

"Mit dieser Entdeckung ist nun bekannt, dass der Ozean von Enceladus die strengste Voraussetzung für Leben erfüllt", sagt der Geochemiker Christopher Glein vom Southwest Research Institute in San Antonio, Texas, der ebenfalls an der Studie beteiligt war. Der nächste erforderliche Schritt ist für ihn: "Wir müssen zu Enceladus zurückkehren, um zu sehen, ob der bewohnbare Ozean tatsächlich bewohnt ist." Vorschläge für weitere Missionen zu dem Eismond werden derzeit von der US-Weltraumagentur Nasa wie auch von der europäischen Weltraumorgansistion Esa geprüft. (Tanja Traxler, 20.6.2023)