Geld
In Deutschland ist die gefühlte Inflation dreimal so hoch, in Österreich doppelt so hoch wie die reale Inflation.
dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Wien – Österreich liegt mit einer Teuerungsrate von 9,0 Prozent im Mai deutlich vor Deutschland mit 6,1 Prozent und der Schweiz mit 2,2 Prozent. Befragt man die österreichische Bevölkerung, so liegt die gefühlte Inflation im zweiten Quartal sogar bei 19,5 Prozent. Wobei die Ursachen für diese Differenz bei den Inflationsraten vielfältig sind, wie aus einer Analyse der Kreditversicherer Acredia und Allianz Trade hervorgeht.

"Ein Grund für den Unterschied in der Inflation liegt in den unterschiedlichen Warenkörben", sagte Gudrun Meierschitz, Vorständin bei Acredia. "Österreich hat einen starken Tourismussektor, in dem Investitionen in höherer Qualität in letzter Zeit zu einem starken Preisanstieg geführt haben. Da der Tourismussektor im Warenkorb in Österreich fast dreimal soviel Gewicht hat wie in Deutschland, führt das zu einer höheren Inflationsrate." Aber auch die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen würden sich auswirken: So drückten in Deutschland Tank-Rabatt, 9-Euro- bzw. 49-Euro-Ticket die Teuerungsrate. In Österreich seien hingegen nach dem Ende der Mehrwertsteuersenkung die Preise in der Gastronomie stark angestiegen.

Gefühlte Inflation verändert Kaufverhalten

Die niedrige Teuerungsrate in der Schweiz ist hingegen auf den starken Schweizer Franken zurückzuführen, geht aus den Unterlagen der Kreditversicherer hervor. Aufgrund der höheren Einkommen gibt es auch ein anderes Konsumverhalten. Obwohl die tatsächliche Inflation niedriger als in Österreich ist, liegt die gefühlte Inflation in Deutschland ähnlich hoch. Die gefühlte Inflationsrate sei im Mai dort mit 18 Prozent fast dreimal so hoch gelegen wie die tatsächlich ermittelte (6,1 Prozent). In Deutschland zählen insbesondere Lebensmittel seit Monaten zu den Preistreibern: Nahrungsmittel verteuerten sich laut Statistischem Bundesamt im Mai binnen Jahresfrist um 14,9 Prozent.

"Konsumenten achten zum Beispiel stärker auf Preisänderungen bei Produkten, die sie häufig kaufen wie Lebensmittel, Getränke oder Kraftstoff", so Meierschitz. "Wenn diese Preise überdurchschnittlich steigen, empfinden die Menschen die Teuerung als wesentlich höher", sagte die Acredia-Vorständin.

Die gefühlte Inflation wird aber auch durch psychologische Aspekte, demografische und regionale Unterschiede sowie durch das individuelle Konsumverhalten beeinflusst. Die gefühlte Inflation in Österreich ist mit 19,5 Prozent im zweiten Quartal doppelt so hoch wie die tatsächliche Inflation. Der Unterschied zwischen gefühlter und realer Inflation spiele eine große Rolle. Denn die gefühlte Inflation beeinflusse das Handeln der Konsumentinnen und Konsumenten und verändere das Kaufverhalten. (APA, 19.6.2023)