Karl Doemens aus Washington

Zwei weibliche Trump-Fans mit einer Fahne. Auf dieser steht geschrieben:
Bis heute genießt der ehemalige US-Präsident Donald Trump unter seinen Anhängerinnen und Anhängern große Unterstützung.
Reuters / Ricardo Arduengo

Hätte er seine Anwälte gefragt, wäre das Interview wohl nie zustande gekommen. Doch Donald Trump hält sich seit jeher für seinen besten Verteidiger. So saß der wegen Justizbehinderung und Spionage angeklagte Ex-Präsident am Montagabend zur besten Sendezeit bei Fox News und tat das, wovon Juristen grundsätzlich dringend abraten: Er plauderte über seinen Fall.

Auch dank des bestens vorbereiteten Moderators Bret Baier, eines der letzten kritischen Nichtpropagandisten bei dem rechten Sender, wurde der Dialog zu einer Sternstunde des Fernsehens. Trump versuchte sich erneut als Opfer einer politischen Intrige zu inszenieren, fabulierte über seinen angeblichen Wahlsieg im Jahr 2020 und behauptete, dass ihm die aus dem Weißen Haus mitgenommenen vertraulichen, geheimen und streng geheimen Unterlagen gehören, was ihm jedes Mal energischen Widerspruch von Baier einbrachte.

Noch bedeutsamer war, dass Trump den Vorwurf von Sonderermittler Jack Smith, dass er Regierungsunterlagen wissentlich zurückhielt, ungewollt bestätigte und sich im Falle eines mutmaßlichen militärischen Geheimplans für einen Iran-Angriff, den er Dritten gezeigt haben soll, in Widersprüche verwickelte. "Das ist juristisch bemerkenswert", staunte nicht nur der konservativ-libertäre Verfassungsrechtler Jonathan Turley, der in beiden Impeachment-Verfahren auf Trumps Seite gestanden war: "Äußerungen dieser Art können in Verfahren herangezogen werden", kommentierte der Professor bei Twitter.

"Da war viel Zeug"

Obwohl zwischen dem Wahltermin und der Amtsübergabe zweieinhalb Monate liegen, will Trump das Weiße Haus "in ziemlicher Eile" verlassen haben. In die Kartons, die er in sein Privatdomizil Mar-a-Lago in Florida schaffen ließ, seien daher nicht nur Akten gepackt worden: "Die Kisten waren auch mit allen Arten von Sachen vollgestopft: Golfshirts, Kleidung, Hosen, Schuhe. Da war viel Zeug."

"Ich wollte das nicht an das Nationalarchiv aushändigen", bestätigte der Ex-Präsident ungewollt die Anklage, die ihm unter anderem das wissentliche Zurückhalten von hunderten Regierungsdokumenten vorwirft. Zuvor habe er seine "persönlichen Sachen" heraussuchen wollen, sei dazu in anderthalb Jahren aber nicht gekommen: "Ich war beschäftigt, wie Sie wissen." Er bestätigte auch, dass er seinen persönlichen Assistenten angewiesen habe, die Kisten herumzuräumen, was ihm ebenfalls vorgeworfen wird.

Für rechtlich noch gravierender hält Professor Turley die Ausführungen Trumps zu einem Geheimpapier des Pentagon. Auf einer Tonbandaufnahme vom Juli 2021 ist zu hören, wie sich der Ex-Präsident gegenüber zwei externen Gesprächspartnern mit dem Besitz eines militärischen Angriffsplans (mutmaßlich auf den Iran) brüstet: "Das ist geheim." In dem Fox-Interview behauptet er nun: "Da war kein Dokument." Vielmehr habe er sich auf "viel Papier – Kopien von Zeitungsartikeln, Kopien von Magazinen" bezogen.

Widersprüche

Nicht nur Brit Hume, der politische Chef-Analyst von Fox News, befand anschließend, diese Äußerung sei "an der Grenze zur Inkohärenz" gewesen. Trump werde also im Prozess behaupten, dass er sich in dem mitgeschnittenen Gespräch "auf ein Dokument bezog, das er nicht hatte", wunderte sich Turley. Von dieser Verteidigungslinie kämen nun auch seine Anwälte nicht mehr herunter.

Als Beklagter in einem Strafverfahren könnte Trump grundsätzlich nämlich die Aussage verweigern. Seine Äußerungen in dem Fox-Interview aber sind nun öffentlich und können den Geschworenen von der Anklage jederzeit vorgespielt werden. Beobachter bezweifeln daher stark, dass sich Trump mit dem Auftritt einen Gefallen getan hat.

Laut einer Ankündigung von Richterin Aileen Cannon soll der Prozess gegen Trump bereits am 14. August beginnen und nicht in Miami, sondern in Fort Pierce – nördlich von Trumps Wohnort Mar-a-Lago– durchgeführt werden. Eine derart schnelle erste Anhörung wäre ungewöhnlich. Doch raten erfahrene Prozessbeobachter, den Termin nicht allzu ernst zu nehmen, da es mit hoher Wahrscheinlichkeit durch Verfahrensanträge zu Verzögerungen kommen dürfte.

Unterdessen hat sich Hunter Biden, der Sohn des amtierenden US-Präsidenten Joe Biden, in einem gegen ihn anhängigen Steuerverfahren sowie wegen illegalen Waffenbesitzes schuldig bekannt, berichtet die Washington Post am Dienstag. Durch dieses Schuldbekenntnis könnte der 53-Jährige einer möglichen Gefängnisstrafe entgehen, heißt es. (Karl Doemens aus Washington, 20.6.2023)