Kind läuft durch Wasserfontäne
Die Hitze schlägt bereits so manchem aufs Gemüt. Mit ein paar Tipps kann man sie womöglich besser ertragen – auch wenn der Urlaub noch auf sich warten lässt.
IMAGO/NurPhoto/Ying Yang

"36 Grad, und es wird noch heißer. Macht den  Beat nie wieder leiser", besingt die Band 2Raumwohnung das heiße Sommerwetter. Am Donnerstag soll es zum ersten Mal in diesem Jahr in Österreich so weit sein. Und was sich gut aushalten lässt, wenn man am Pool oder See liegt, mit einem gekühlten Getränk in der Hand und dem nächsten Sprung ins Wasser in unmittelbarer Nähe, ist für all jene, die noch in Büro oder Schule sitzen oder in einer heißen Wohnung, alles andere als entspannend.

Kopfschmerzen, geschwollene Beine, Erschöpfung oder auch Benommenheit sind ganz normale Symptome bei übermäßiger Hitze. Den hohen Temperaturen komplett entkommen kann man nicht – außer man macht es wie die britische Königsfamilie und zieht sich auf ein schottisches Schloss zurück –, aber es gibt einige Tipps, wie man die Hitze besser aushalten kann. Wir haben die sieben besten für Sie gesammelt.

Körper kreativ kühlen

Bei den aktuellen Temperaturen würden manche am liebsten unter der kalten Dusche einziehen. Doch man kann sich die kühlende Wirkung von Wasser auch im Büro zunutzemachen. Dafür einfach Hände und Unterarme mit kaltem Wasser nass machen, aber nicht abtrocknen. Die Feuchtigkeit verdunstet dann und entzieht der Haut dabei Wärme. Man simuliert so den körpereigenen Kühlvorgang des Schwitzens. Wer nicht ständig aufstehen und zum Wasserhahn gehen will, kann auch eine Wärmflasche zur Kühlflasche umwidmen und sie mit Eiswasser füllen oder sich ein feuchtes Tuch in den Nacken legen. Sobald dieses Körpertemperatur angenommen hat, einfach umdrehen auf die kühle Außenseite.

Wer für eine Blitzkühlung auf eine eiskalte Dusche setzt, sollte sich das aber noch einmal überlegen. "Das aktiviert zwar den Kreislauf, führt aber auch zu einer Verengung der Blutgefäße", erklärt Günther Malek, Allgemeinmediziner und Gründer von Trinicum, einem Zentrum für Integrative Medizin und Schmerztherapie. Dadurch kann der Körper Wärme nicht mehr so leicht abgeben. Eine lauwarme Dusche ist da wesentlich effizienter. Außerdem sollte man auf helle, weite Kleidung aus Naturmaterialien setzen. So kann ein kühlender Luftzug leichter auf die Haut gelangen und die Luft besser zirkulieren. Helle Farben absorbieren außerdem keine zusätzliche Hitze, sondern reflektieren die Wärmestrahlung eher.

Siesta halten

Ist es draußen heiß, schläft man in der Nacht oft nicht so gut, die hohen Temperaturen erschöpfen zusätzlich – das Mittagstief kann dann besonders intensiv werden. Nicht ohne Grund ist die Siesta in südlichen Ländern ganz normal, man sollte sie auch hierzulande einführen. Klar, nicht alle haben im Büro die Möglichkeit, sich 20 Minuten hinzulegen. Aber zumindest wenn man im Homeoffice ist, sollte man sich diesen Luxus gönnen.

Die Auszeit sollte dabei nicht länger als 30 Minuten dauern. Fünf Minuten zum Runterkommen, maximal 20 Minuten schlafen, fünf Minuten zum Munterwerden. "Sonst besteht die Gefahr, dass man in eine Tiefschlafphase kommt. Wird man aus so einer geweckt, ist man noch viel desorientierter als vor dem Schlaf", weiß Schlafcoachin Melanie Pesendorfer.

Ruhenerv aktivieren

Hat man Stress, fängt man an zu schwitzen, dieses Phänomen kennen wohl so manche. Ist es dazu noch so heiß wie jetzt gerade, wird es noch einmal anstrengender. Allgemeinmediziner Malek rät deshalb dazu, auf Entspannung zu setzen: "Dafür kann man bewusst den Vagus, unseren Ruhenerv, aktivieren." Der ist Teil des autonomen oder vegetativen Nervensystems, jenes Nervengeflechts, das ohne äußeres oder bewusstes Zutun arbeitet. Es besteht aus dem sympathischen Teil, der für Aktivierung, Stressreaktionen und Kampf- oder Fluchtreflex zuständig ist. Der parasympathische Teil, dessen Hauptnerv der Vagus ist, bewirkt das Gegenteil, er senkt Herzschlag und Blutdruck, beruhigt und entspannt.

"Den Vagus kann man ganz bewusst aktivieren, indem man etwa langsam und tief atmet", erklärt Malek. Auch Meditation oder autogenes Training können das bewirken, ebenso wie ein Spaziergang in der Natur. Den sollte man aber am besten erst spätabends machen, wenn die ärgste Tageshitze vorbei ist.

Greifen Sie bei Chili zu

Wer scharfes Essen liebt, kennt das Phänomen: Dabei wird einem erst mal ganz schön heiß. Dann ist es doch absurd, dass man Chili bei Hitze empfiehlt. Oder? Nein, immerhin ist Chili vor allem in warmen Ländern ein beliebtes Würzmittel. In Wahrheit kühlt die Schote den Körper nämlich ab. "Chili wirkt auf die Hitzerezeptoren im Mund", erklärt Ernährungswissenschafter Uwe Knop. Diese melden dann dem Gehirn, dass im Mund eine Hitzequelle ist. "Das setzt eine Kühlreaktion in Gang, um diese Phantomhitze im Körper auszugleichen." Also ja, Chili bringt einen erst einmal ins Schwitzen. Aber der Schweiß kühlt dann den Körper ab.

Aber Achtung, nicht alle scharfen Gewürze haben diesen Effekt. Das schafft nur der Wirkstoff Capsaicin, der eben in Paprika und Chilischoten enthalten ist. Andere Scharfstoffe wie etwa in Senfkörnern, Pfeffer oder Ingwer sorgen nicht für eine kühlende Wirkung.

Trinkmythen überdenken

Mindestens zwei Liter müsse man täglich trinken, am besten Wasser oder ungesüßten Tee. Und bei Hitze soll das alles noch lauwarm sein. Ob das wirklich stimmt, da sind sich Expertinnen und Experten nicht ganz einig. Heiße Getränke erhöhen die Körpertemperatur weiter, das ist sicher – das merkt man spätestens am Schweißausbruch nach einer heißen Tasse Tee oder beim Löffeln einer Suppe. Bevorzugt man eisgekühlte Getränke, verengen sich die Blutgefäße, um die Wärme im Körper zu halten. Diese "Arbeit des Körpers" erzeugt aber Wärme, was wiederum zum Schwitzen bringen soll. Deshalb seien lauwarme Getränke oder solche mit Raumtemperatur ideal, weil der Stoffwechsel eben weniger Arbeit mit ihnen hat.

Beides klingt an sich logisch. Doch wissenschaftlichen Beweis gibt es keinen für die These, weiß Uwe Knop. "Man soll sich aber nicht zu etwas zwingen, was man nicht möchte, das frustriert langfristig nur." Er plädiert dafür, dem eigenen Empfinden zu folgen. Falsch macht man jedenfalls mit heißen Getränken und mit kalten Drinks nichts.

Ob es wirklich zwei Liter sein müssen, ist auch nicht klar. Woher diese Information stammt, weiß man nicht, sie wird aber gut vermarktet, etwa vom Lebensmittelkonzern Danone. Der vertreibt Flaschenwasser und hat eine "Hydration for Health Academy". Idealerweise trinkt man nach Bedarf. Dieser wird bei Menschen, die im klimatisierten Büro sitzen, anders sein als bei jenen, die draußen unterwegs sind. Nur eines ist klar: Alkohol tut bei dieser Hitze eher nicht gut. Dadurch sinkt nämlich der Blutdruck noch stärker, man fühlt sich besonders müde und schlapp.

Mit allen Sinnen genießen

Im Netz findet man jede Menge Tipps, was man bei Hitze essen soll und wovon man auf jeden Fall die Finger lassen muss. Gurken, Tomaten oder Melonen gelten etwa als kühlend. Und tatsächlich schmeckt eine spanische Gazpacho oder gekühlte Wassermelone an heißen Tagen den allermeisten noch besser. Das dürfte aber weniger daran liegen, dass diese Lebensmittel tatsächlich kühlen, als daran, dass sie in erster Linie aus Wasser bestehen und dem Stoffwechsel Elektrolyte liefern.

Tatsächlich gibt es keinerlei wissenschaftliche Beweise oder Kausalevidenz, dass bestimmte Speisen bei besonders heißem – oder auch besonders kaltem – Wetter besser sind für den Stoffwechsel. Ernährungswissenschafter Uwe Knop empfiehlt daher, das zu essen, worauf man wirklich Lust hat, egal ob es die eisgekühlte Limo ist oder fettige Pommes im Freibad: "Wichtig ist, dass man das mit voller Aufmerksamkeit und allen Sinnen genießt." Denn der eigene Körper wisse, was ihm guttue. "Man muss ihm nur gut zuhören und ihm vertrauen, vor allem bei extremen Wettersituationen. Dann kann man auch den echten und biologischen Hunger spüren und dem Stoffwechsel das zuführen, was ihm guttut."

Gute Schlafhygiene

Auch die Schlafqualität leidet unter der Hitze, immerhin liegt die ideale Raumtemperatur für eine gute Nachtruhe zwischen 18 und 20 Grad – unmöglich, wenn man keine Klimaanlage hat. Um das Schlafzimmer trotzdem möglichst kühl zu halten, sollte man, wenn vorhanden, tagsüber die Außenjalousien herunterlassen. Denn so wird die Hitzestrahlung davon abgehalten, überhaupt durchs Fenster einzudringen. Man kann außerdem im Raum einen Ventilator aufstellen und davor eine Schüssel mit Eiswasser platzieren. So entsteht ein kühler Nebel. Es hilft außerdem, vor der Nachtruhe lauwarm zu duschen. Dadurch weiten sich die Blutgefäße, der Körper kann die Wärme besser nach außen abgeben.

Man sollte aber auch auf das eigene Verhalten achten. Durch die lange Helligkeit und die lauen Abende verändert sich bei vielen das Sozialverhalten, man isst später, trinkt auch gerne mal einen Spritzer mehr am Abend und geht später ins Bett. "Viele halten abendliche Rituale, die dem Körper signalisieren, dass bald Schlafenszeit ist, weniger ein", weiß Brigitte Holzinger, Schlafexpertin und Ausbildnerin zum von der Med-Uni Wien akkreditierten Schlafcoach. Und sie rät zu Zurückhaltung bei Alkohol: "Der wirkt auf die Neurotransmitter im Gehirn ähnlich wie ein Schlafmittel, zumindest für die ersten Stunden." Das heißt, am Anfang hat man einen unnatürlich tiefen Schlaf. Ist der Alkohol dann abgebaut, wird der Schlaf aber fragmentierter, man wacht öfter auf. Deshalb fühlt man sich am nächsten Tag oft besonders zerschlagen. (Pia Kruckenhauser, 22.6.2023)