Ein Roulette-Rad dreht sich.
In Österreich haben die Casinos Austria bzw. Win2day ein Monopol auf Glücksspiel.
AP/Wayne Parry

Im Gastbeitrag erklärt Rechtsanwalt Ulrich Salburg, der in sogenannten Spielerklagen vertritt, welche Folgen das neue maltesische Gesetz für Glücksspielurteile haben könnte.

In Österreich ist Glücksspiel klar geregelt: Nur der Bund darf Glücksspiel anbieten beziehungsweise vergibt die Republik dafür Konzessionen. Im Bereich der Onlinekasinos ist der einzige konzessionierte Anbieter Win2day, ein Teil der Österreichischen Lotterien. Win2day hat dabei strenge Auflagen wie die Vermögensverhältnisse der Konsumentinnen und Konsumenten zu beachten.

Das Glücksspielmonopol dient dazu, Spielerinnen und Spieler in geordnete Bahnen zu lenken und Menschen nicht vor Existenznöte zu stellen. Win2day untersteht bei der Ausübung der Konzession der umfassenden Kontrolle durch das zuständige Finanzamt. Im Rahmen der Ausübung der Konzession hat Win2day nicht nur umfassende Maßnahmen zur Spielsuchtvorbeugung und zum Spielerschutz unter Ausrichtung auf internationale Standards zu implementieren und einzuhalten, sondern der Konzessionär muss dem zuständigen Finanzamt auch laufend darüber berichten. Weiters obliegt Win2day die Überwachung von Altersgrenzen für die Spielteilnahme sowie die Einhaltung der geltenden Responsible-Marketing-Standards, und Win2day ist im Rahmen des § 56 Glücksspielgesetz in seiner zulässigen Werbung eingeschränkt. Verletzt Win2day die entsprechenden Gesetze und Auflagen, muss auch für die dadurch entstandenen Schäden gehaftet werden.

Jeder andere Anbieter von Onlineglücksspiel in Österreich, darunter auch bekannte Namen wie Mr. Green, ist schlicht nicht konzessioniert. Die entsprechenden Angebote sind gesetzwidrig, die Glücksspielverträge nichtig. Das führt in Österreich zu der Situation, dass Spielerinnen und Spieler ihr gegen die Onlinekasinos eingesetztes Geld zurückfordern können. Seit Jahren bringen tausende Spielerinnen und Spieler Klagen gegen diese überwiegend auf Malta ansässigen Onlinekasinos ein.

Verstoß gegen Dienstleistungsfreiheit?

Gegen diese Klagen aus Österreich (und auch aus Deutschland) wehrten sich die Glücksspielkonzerne auf Malta. Deren Argument war und ist, dass das österreichische Monopol gegen die Dienstleistungsfreiheit und damit gegen das Primärrecht der EU verstößt – denn die Anbieter haben alle eine Glücksspiellizenz aus Malta. Das sahen sowohl der Oberste Gerichtshof (OGH), der Verfassungsgerichtshof (VfGH) und der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) als auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) anders und kamen zu dem Ergebnis, dass das österreichische Monopol EU-rechtskonform ist.

Die abgeschlossenen Glücksspielverträge sind damit (weiterhin) nichtig, die Klagen gegen die illegalen Anbieter sind überwiegend erfolgreich. Doch viele der auf Malta ansässigen Anbieter wollten und wollen die auf den rechtskräftigen Urteilen aus Österreich basierenden Forderungen nicht mehr bezahlen, was schlussendlich dazu führt, dass die entsprechenden Urteile auf Basis einer EU-Regelung in Malta exekutiert werden müssen.

Umstrittenes maltesisches Gesetz

Mit 20.6.2023 trat eine Novellierung des maltesischen Glücksspielgesetzes in Kraft. Im Kern verbietet das neue Gesetz den maltesischen Gerichten die Anwendung der EU-Regeln zur gegenseitigen Vollstreckung von Urteilen. Die Anerkennung und Vollstreckung der Urteile aus Österreich und Deutschland gegenüber lizensierten Onlinekasinos aus Malta ist damit den maltesischen Gerichten untersagt. Malta beruft sich dabei auf das ordre public, also darauf, dass die Exekution der Urteile aus Österreich und Deutschland gegen die Grundwerte der maltesischen Rechtsordnung verstoßen würde. Malta sieht das als "Notwehr" gegen Österreich (und Deutschland).

Malta setzt sich damit über geltendes europäisches Recht hinweg, um die zahlreichen ansässigen Anbieter von Onlineglücksspiel zu schützen. Hinzuweisen ist auch darauf, dass die Standards für den Spielerschutz in Malta signifikant liberaler sind als in Österreich. Glücksspiel ist nicht nur Geld. Mit unkontrolliertem Glücksspiel sind viele negative Einzelschicksale und zerstörte Leben verbunden. Das Monopol in Österreich verhindert diese Schicksale und normiert entsprechende Haftungen.

Kaum Debatten

Ein Aufschrei darüber, dass ein EU-Land in sehr direkter Form gegen EU-Recht verstößt, ist bislang weitestgehend unterblieben. Bemerkenswert ist dabei, dass Malta und die dortigen Anbieter von Onlineglücksspiel durch die Zugehörigkeit zur Union sehr profitieren. Die Glücksspielanbieter können mir der maltesischen Lizenz ihr Angebot in zahlreichen Mitgliedsstaaten der Union anbieten. Mit dem Beitritt zur EU im Jahr 2004 hat Malta die entsprechenden Türen geöffnet.

Nunmehr stellt sich Malta aber gegen eine der Grundsäulen der europäischen Union, nämlich die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von zivilgerichtlichen Urteilen, und hebelt diese Grundsäule aus. Die EU ist keine Einbahnstraße, die Spielregeln der europäischen Gemeinschaft müssen von allen Mitgliedsstaaten eingehalten werden. Das gilt für Österreich und sein Glücksspielmonopol genauso wie für Malta und die dort ansässigen Onlinekasinos. Das offizielle Österreich muss hier aufwachen und auf die Einhaltung der entsprechenden europäischen Vorgaben pochen. (Ulrich Salburg, 23.6.2023)