Im Gastblog erklärt Rechtsanwältin Theresa Kamp, wie die Vermögensaufteilung im Zuge einer Scheidung abläuft.

Eine Grundidee haben viele Menschen: dass Dinge, die während der Ehe erwirtschaftet wurden, bei einer Scheidung aufzuteilen sind. Immer wieder erlebt man, dass Menschen das wollen, was ihnen "gesetzlich zusteht", dann aber doch überrascht sind über geltendes Recht.

Ganz grundsätzlich lässt sich sagen, dass niemand besonders gern das "eigene" Geld teilt. Schon gar nicht mit einer Person, von der man in Zukunft nichts mehr hat. Das ist menschlich. Das Recht versucht, einen Ausgleich zu schaffen und faire Lösungen zu ermöglichen.

Wie sieht die rechtliche Situation aus? 

Wurde nichts anderes vereinbart, gilt grundsätzlich während der Ehe Gütertrennung. Das heißt vereinfacht, jedem gehört seins. Verdient die Ehefrau überdurchschnittlich gut und kann sich davon etwas wegsparen, ist das während der Ehe ihr Eigentum. Diese Situation der Gütertrennung ändert sich aber bei einer Scheidung. Da kommt es nämlich dann zur Güterteilhabe. Das bedeutet, dass eheliches Vermögen (Ersparnisse und eheliches Gebrauchsvermögen) plötzlich geteilt wird. Die Idee ist, dass die ehelichen Errungenschaften, also das, "was man sich gemeinsam aufgebaut hat", aufgeteilt werden sollen.

Ehefrau und Ehemann teilen sich im Zuge der der Scheidung Haus und Auto
Welches Vermögen bei einer Scheidung zwischen den Personen aufzuteilen ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Dabei geht es auch um das Einhalten von Fristen.
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Die konkreten Eigentumsverhältnisse sind bei der Aufteilung nicht relevant. Wenn eine Person außer Haus erwerbstätig war und eine Person (mehr) Haushalt und Kinder betreut hat, ist es bei der Aufteilung einerlei, ob die Ersparnisse lediglich aus dem Einkommen des einen gespeist wurden – hat doch die andere Person ihren Beitrag über Haushalt und Kinderbetreuung geleistet. In der Ehe hat das Geld kein Mascherl. Sofern kein grobes Ungleichgewicht besteht, gehen die Gerichte im Normalfall von der Gleichwertigkeit der Beiträge der Eheleute aus und teilen das Vermögen im Verhältnis 50:50. Verdient eine Person allein und ist die andere Person Hausfrau oder Hausmann, ist meist von gleichen Beiträgen auszugehen.

Manchmal vermeinen Alleinverdiener oder Alleinverdienerinnen, der andere solle bei einer Scheidung nichts bekommen, weil er oder sie ja "nichts verdient habe". Das ist aber unrichtig. Schulden, die mit ehelichem Gebrauchsvermögen oder Ersparnissen im Zusammenhang stehen, sind vor der Aufteilung abzuziehen (zum Beispiel Kredit für das gemeinsame Haus).

Was ist nicht aufzuteilen?

Vermögen, das während der Ehe geschaffen wurde, ist aufzuteilen. In die Ehe eingebrachtes Vermögen ist nicht aufzuteilen. Eingebrachtes Vermögen sind beispielsweise Dinge, die ein Ehegatte schon vor Eheschließung hatte, etwa eine (abbezahlte) Eigentumswohnung oder ein Bausparer. Ebenso nicht aufzuteilen sind Dinge, die (auch während der Ehe) geerbt oder von dritter Seite geschenkt wurden.

Der Aufteilung entzogen sind außerdem Sachen, die dem persönlichen Gebrauch oder der Berufsausübung eines Partners dienen oder zu einem Unternehmen gehören. Unternehmen als solche sowie Unternehmensanteile (außer bloße Wertanlagen) sind ebenso nicht zu teilen.

Wie läuft ein (gerichtliches) Verfahren ab?

Lassen Menschen sich einvernehmlich scheiden, müssen sie sich über die wesentlichen Scheidungsfolgen einig sein. Dazu gehört auch, wie das eheliche Vermögen, also eheliche Ersparnisse, eheliches Gebrauchsvermögen oder Schulden, aufgeteilt werden soll. Gelingt hier keine Einigung, kann eine einvernehmliche Scheidung nicht stattfinden. Wird die Ehe nicht einvernehmlich, sondern zum Beispiel nach einer Scheidungsklage durch ein gerichtliches Urteil rechtskräftig aufgelöst, kann jeder (Ex-)Eheteil einen Antrag auf gerichtliche Aufteilung stellen.

Ein gerichtliches Aufteilungsverfahren findet erst nach der Scheidung statt. Zuständig für das Aufteilungsverfahren ist regelmäßig das Gericht, bei dem auch das Scheidungsverfahren geführt wurde. Wichtig zu beachten ist, dass man für den Aufteilungsantrag nicht ewig Zeit hat. Konkret hat man nach der Scheidung ein Jahr Zeit. Verpasst man diese Frist und wird nicht binnen eines Jahres nach Rechtskraft der Scheidung ein Antrag eingebracht, bleibt alles, wie es ist, und die Eigentumsverhältnisse bleiben bestehen.

Ein Aufteilungsverfahren kann übrigens auch dann stattfinden, wenn zwar kein Vermögen, dafür aber gemeinsame Schulden bestehen. Muss ein Gericht über die Aufteilung entscheiden, wird es zuerst abklären, ob eine Einigung zwischen den Parteien möglich ist. Gelingt eine Einigung nicht, wird der Richter oder die Richterin Beweise, zum Beispiel Unterlagen, Fotos, Zeugen, Zeuginnen, Einvernahme der Parteien, aufnehmen. Immer wieder müssen auch Sachverständige beigezogen werden, um den Wert bestimmter Gegenstände oder Liegenschaften festzustellen. Das Gericht entscheidet schließlich mit Beschluss. Ist man mit der Entscheidung nicht einverstanden, steht einem ein Rechtsmittel offen.

Zusammenfassend kann man also sagen, Vermögen wird bei der Scheidung entweder geteilt, weil sich die Parteien (im Rahmen einer einvernehmlichen Scheidung) darauf einigen oder weil eine Person nach der Scheidung einen entsprechenden gerichtlichen Antrag stellt. (Theresa Kamp, 4.7.2023)