Die Verfassungsrichter sitzen an ihrem Tisch im Verhandlungssaal.
Die Cofag steht derzeit auf dem Prüfstand des Verfassungsgerichtshofs.
APA/TOBIAS STEINMAURER

Die Pleiten-, Pech- und Pannenshow der Corona-Förderagentur Cofag dürfte demnächst ihren Höhepunkt erreichen. Nach Kritik des Rechnungshofs und Tadel der EU-Kommission könnte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Agentur als verfassungswidrig auflösen.

Fraglich ist, ob es zulässig war, die Förderungen über eine ausgegliederte GmbH abzuwickeln. Bei einer Verhandlung zum Thema zeigte sich der Gerichtshof unter dem Vorsitz von Christoph Grabenwarter vergangene Woche äußerst kritisch. Sollte der VfGH die Cofag auflösen, müssten Unternehmen das Geld zwar nicht zurückzahlen. Auf drei große Streitkomplexe könnte die Entscheidung aber "massiven Einfluss" haben, erklärt Anwalt Georg Eisenberger dem STANDARD.

1. Ungleiche Förderungen

Anlass der Prüfung des VfGH war eine Klage der Wiener Lokalbahnen, die sich bei der Fördervergabe diskriminiert fühlten. Der Grund: Unternehmen, die zu 100 Prozent im Eigentum von Ländern oder Gemeinden stehen, sind von einem Großteil der Förderungen ausgenommen. Beträgt der Anteil der öffentlichen Hand dagegen "nur" 99,9 Prozent, steht volle Förderung zu. Aufgrund dieser Wettbewerbsverzerrung haben zahlreiche Unternehmen die Cofag auf Streitwerte im Millionenbereich geklagt.

Löst der VfGH die Cofag auf, könnte diesen Klägern je nach VfGH-Entscheid die beklagte Partei abhanden kommen, sagt Eisenberger. "Die Kläger müssten dann wohl versuchen, die beklagte Partei auf die Republik umzustellen, oder, wenn das nicht geht, versuchen, Amtshaftung gegen die Republik geltend zu machen."

2. Förderung in Konzernen

Streitigkeiten gibt es auch bei Förderhöchstbeträgen: Die Europäische Kommission ging bei ihrer Genehmigung der österreichischen Förderungsregeln von Höchstbeträgen aus, die für gesamte Konzerne gelten sollten. Österreich ging aber umgekehrt davon aus, dass die Höchstgrenzen für jede einzelne Gesellschaft innerhalb eines Konzerns anwendbar sind. Bei Unternehmen mit formal eigenständigen Töchtern wurden die Höchstbeträge deshalb zum Teil deutlich überschritten.

"Auch die Spezialisten der Kommission haben nicht erkannt, dass Österreich Einzelgesellschaften fördert," sagt Eisenberger. Fraglich ist nun, ob Unternehmen die Förderungen zurückzahlen müssen. Käme es zu einem Rechtsstreit, räumt der Anwalt Unternehmen gute Chancen ein, weil sie die von der Kommission genehmigten Förderungen gutgläubig empfangen haben.

3. Missverständnis bei Frist

Die dritte Baustelle ist der Verlustersatz III. Dieser werde vorerst nicht ausbezahlt, gab die Cofag in einer E-Mail an zahlreiche Unternehmen bekannt. Grund dafür sind Unklarheiten bei der Antragsfrist. Laut österreichischen Richtlinien war eine Beantragung bis 30. September 2022 möglich. Seitens der EU-Kommission hieß es dagegen etwas kryptisch, dass die Beantragung zwar bis 30. September möglich sei, die Genehmigung aber nur bis 30. Juni erfolgen dürfe. "Aufgrund des Wortlauts der Kommissionsentscheidung kann man aber davon ausgehen, dass sie die Beantragung der zweiten Tranche bis zum 30. September genehmigt hat", sagt Eisenberger.

Die Cofag verweigert derzeit die Auszahlung, weil "auch der europarechtliche Rahmen maßgeblich ist", heißt es in der E-Mail an die Förderwerber. Sollte die Cofag weiterhin nicht bezahlen und sie vom VfGH aufgelöst werden, bleiben Betroffenen laut Eisenberger auch hier unter Umständen nur Ansprüche nach der Amtshaftung.

Eine Entscheidung des VfGH wird in den nächsten Wochen oder Monaten erwartet. (Jakob Pflügl, 25.6.2023)